[COMM-Rundbrief] Bericht aus Büchel

carsten carsten at comm-ev.de
Di Aug 20 15:35:42 CEST 2013


Liebe Freund_innen des COMM e.V.,

die lange geplante und vorbereitete Aktion „Blockade aller Tore des
Fliegerhorstes Büchel“
(http://www.atomwaffenfrei.de/aktiv-werden/buechel.html) hat am
vorvergangenen Wochenende erfolgreich stattgefunden. In den nächsten
Wochen wird sich zeigen, wie sich das regional und deutschlandweit
auswirkt. Und auch international fanden wir Beachtung, sind die
Aktionsgruppen und ihre Kampagnen ja miteinander vernetzt.

Am Sonntag, 11. 8., um 5 vor 12 (aktueller Stand der Atomkriegsuhr)
begann die 24-Stunden-Blockade mit dem Konzert der Lebenslaute
(www.lebenslaute.net) als gemeinsamem Auftakt auf dem Kreisverkehr vor
dem Haupttor des Flugplatzes der deutschen „Luftwaffe“, auf dem die
letzten 20 US-Atombomben auf deutschem Boden lagern. Kurz danach
verteilten sich die Aktivist_innen auf die anderen Tore, so dass dann
alle Zufahrten (Haupttor, Lutzerather Tor, Tore 1 bis 7) blockiert waren.

Bundeswehr und Polizei waren so schlau, nicht zu eskalieren, wobei für
Erstere dies vermutlich als Anweisung aus Berlin kam, die nicht alle
Soldaten verinnerlicht hatten... ;-)
Trotzdem ging ihre Strategie auf, möglichst „wenig Aufsehen“ zu erregen,
was sich dann auch in der überregionalen Medienresonanz niederschlug.
Darauf waren wir vorbereitet, weswegen unsere Enttäuschung darüber nicht
sehr groß ist. Trotzdem ist es eigentlich schwer verständlich, dass das
Thema so wenig zu interessieren scheint, denn die reale Atomkriegsgefahr
ist nicht geringer als Anfang der Achtziger Jahre, als Hunderttausende
auf die Straße gingen... (http://de.wikipedia.org/wiki/Atomkriegsuhr)
Dazu kommen weitere Aspekte, mit denen dieser Standort verknüpft ist wie
Kriegseinsatz in Afghanistan und Verschwendung von Milliarden
öffentlicher Gelder für die sog. Modernisierung der dort gelagerten
Atombomben.

Das Nicht-Eskalieren sah so aus, dass alle Blockaden bis zum von uns
bestimmten Schluss am Montagmittag geduldet und in Ruhe gelassen wurden,
außer folgendem Ereignis am frühen Montagmorgen an Tor 6, einer kleinen,
schwer zugänglichen Fußgängerpforte, von den dortigen Blockierer_innen
„Katzenklappe“ genannt. Da normalerweiseweise an die 2.000 zivile
Arbeitnehmer_innen und Militärangehörige morgens mit ihren Autos zu
ihrer Arbeit wollen, hatten wir es für nicht so wahrscheinlich gehalten,
dass sie dieses Tor 6 benutzen würden. Aber allen Zivilist_innen wurde
frei gegeben, Lieferant_innen waren für den Tag abbestellt, und die rund
200 Soldat_innen, die auf das Gelände sollten, wurden unter
„Polizeischutz“ in Bundeswehr-Reisebussen zur Katzenklappe gebracht.
Dabei wurden die anwesenden Blockierer_innen von einer
Polizei-Spezialeinheit umstellt, während die Soldat_innen im
„Gänsemarsch“ über die Leitplanke hüpften, die Straßenböschung herunter
und durch die sich nur einen Spalt weit zu öffnende, wohl weil sehr
lange nicht benutzte Gartenzaunpforte liefen, um auf der anderen Seite
in bereitstehende Kleinbusse zu steigen.

Das ganze Manöver diente sicher auch Übungszwecken und der
Intensivierung der Zusammenarbeit von Polizei und Militär. Schon 2008
und dieses Jahr wieder waren die auswärtigen Polizeieinheiten auf
Bundeswehrgelände untergebracht, und in dem Konvoi aus 4 Bw-Reisebussen
saß die Polizei-Sondereinheit im ersten. Darüberhinaus konnten wir
„Unregelmäßigkeiten“ bei unserem Telefon- und mobilen Internetverkehr
feststellen, z. B. fielen kurz vor dem Eintreffen der Busse an Tor 6 die
Handies der dortigen Blockierer_innen aus...

Trotzdem war die Aktion aus unserer Sicht ein Erfolg. Roland Blach,
Sprecher der Kampagne „atomwaffenfrei.jetzt“ formulierte das so:
„Es war die größte Blockade gegen Atomwaffen in Deutschland seit den 80ern.
Es war die größte Blockadeaktion der Friedensbewegung seit den 80er
Jahren ohne konkreten Anlass (z.B. Golfkrieg).
Es war die zweitgrößte Aktion in Büchel überhaupt!
Und zugleich die größte Daueraktion in Büchel, 24 Stunden am Stück,
davor die Fastenaktion…“

Ein Erfolg war es aber außerdem, weil diese ambitionierte Veranstaltung,
nämlich Aktionen Zivilen Ungehorsams mit Musik- und Kulturprogramm an
etlichen Aktionsorten gleichzeitig, weitgehend so geklappt hat wie
geplant. Dazu haben außer den „Haupt- und Ehrenamtlichen“ aus dem
Kampagnenrat viele engagierte und erfahrene Leute aus den verschiedenen
Arbeitsbereichen des Netzwerks „ZUGABe“ (Ziviler Ungehorsam, Gewaltfreie
Aktion, Bewegung) beigetragen, die dafür einen Teil ihrer Ferien bzw.
ihres Urlaubs „geopfert“ haben. Wir hatten am 5. 8. begonnen, das Camp
aufzubauen, und am 14. 8. abends waren wir fertig mit dem Abbau. Dafür
an dieser Stelle nochmal allen vielen Dank! Außer weiteren Engagierten
aus der Region und lokalen Friedensgruppen haben zum guten Gelingen
beigetragen die „Lebenslaute“, die als erfahrene Blockadegruppe das
zweitwichtigste Tor in angemessener Gruppenstärke blockierte, die
diversen Musiker_innen, die ohne Gage auf der Bühne bzw. in der Blockade
am Haupttor auftraten und teilweise auch „auf Tournee“ zu den anderen
Blockaden gingen, und nicht zuletzt das niederländische Kochkollektiv
„Rampenplan“, von dem das Camp und die Blockaden zuverlässig mit gewohnt
leckerem veganem Essen versorgt wurden.
Und nicht zu vergessen sind die mehreren Hundert Aktivist_innen, die
teilweise die ganze Zeit in den Blockaden unter freiem Himmel aushielten.
Tausend Dank, und auf Wiedersehen! Es gibt weiter viel zu tun...

Liebe Grüße Carsten

PS: Im Anhang ein Pressespiegel, zusammengestellt von der
Pressesprecherin der IPPNW. Die Links zu Kurzfilmen wie dem wie gewohnt
sehenswerten von graswurzel-tv auf Seite 7. Und hier für den räumlichen
Überblick ein Link zu einer Satellitenkarte vom Gelände:
http://goo.gl/maps/qptDP

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Dateityp    : application/pdf
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