From carsten at comm-ev.de Tue Sep 21 11:46:00 2021 From: carsten at comm-ev.de (carsten) Date: Tue, 21 Sep 2021 11:46:00 +0200 Subject: [COMM-Rundbrief] Campsaison Sommer 2021 Message-ID: <62f2ef63-7bd5-4765-0905-4e0cb804a788@comm-ev.de> Liebe Freund*innen und Interessierte an der Arbeit des COMM e.V., zunächst ein paar Worte zum Anschluss an den letzten Rundbrief, den ich auf dem Klimacamp am Danni geschrieben hatte. Das Camp ist gut zu Ende gegangen, das drohende finanzielle Defizit konnte aufgefangen werden, und auch die Corona-Situation blieb im "grünen Bereich" in einer Zeit, in der die Infektionszahlen im Vogelbergskreis dramatisch zu steigen begannen. Das zeigte wieder, dass mit entsprechenden Konzepten und verantwortungsvollem und solidarischem Umgang miteinander Protestcamps auch unter erschwerten Bedingungen möglich sind. (Und auch den Umstand, dass wir mit Fahrzeugen voll nasser Zelte und anderem schlammbeschmiertem Material nach Hause kamen, haben wir gemeistert. Das war ja nicht das erste Mal ...) Eigentlich war für die Zeit vom 13. bis 24. Mai die Kulturelle Landpartie im Wendland geplant, an der wir wie in den Vor-Corona-Jahren mit einer Veranstaltungsreihe "Manege frei! Es geht auch anders! Politisches im Zirkuszelt und Veganes aus der Camp-Küche" am Wunde.r.punkt Gasthaus Wiese in Gedelitz teilnehmen wollten. Dort hätten wir den Aufbau des Zirkuszeltes genutzt, um einige Interessierte "anzulernen", damit das Zelt in Zukunft auch genutzt werden kann, wenn ich und die anderen wenigen Aufbaukundigen nicht dabei sein können. Weil die KLP wegen Corona wieder abgesagt wurde, haben wir den Zirkuszelt-Workshop kurzerhand nach Brömsenberg verlegt. Am Wochenende um den 8. Mai nahmen wir uns ein paar Tage Zeit, um in Ruhe das Zelt aufbauen zu lernen und eine bebilderte Anleitung zu schreiben.    Ausserdem nahmen wir uns die Zeit, am Tag der Befreiung Europas von der Nazi-Gewaltherrschaft der Einladung des "Bündnis Wage Mut" zu einer kleinen Veranstaltung in Groß Krams zu folgen. Das Dorf liegt 15 km von Brömsenberg entfernt und war Thema in der NDR-Reportage "Mein Nachbar ist Nazi - Was tun?" . Das Zirkuszelt-Aufbau-Skillsharing war übrigens sehr erfolgreich. Das Zelt war (bzw. ist es noch immer) in diesem Jahr soviel unterwegs wie noch nie. Gleich im Juni ging es los im Rheinland in Lützerath am Tagebau Garzweiler (dazu gleich noch mehr). Von dort ging das Zelt nach Goldenstedt bei Vechta zum Aktionscamp von Gemeinsam gegen die Tierindustrie und dann wieder zurück nach Lützerath. Es hätte eigentlich Ende Juli / Anfang August nach Brunsbüttel zum Ende-Gelände-Camp gehen sollen, aber leider ist es für die dortige Windzone in Küstennähe nicht zugelassen. Im August stand es also wieder in Lützerath am Rand der Braunkohle-Tagebaugrube im Rahmen des Festivals Kultur ohne Kohle , von dem u.a. das Klimacamp im Rheinland und Lebenslaute ein Teil waren. Ende August ging das Zelt dann zum Klimacamp Leipziger Land und von dort direkt nach München zu dem Protesten gegen die IAA , wo es allerdings nicht aufgebaut wurde (aus bautechnischen Gründen). Nun ist es wieder in Lützerath aufgebaut worden und wird dort vorläufig stehen bleiben, um irgendwann wieder ins Winterlager nach Brömsenberg zu kommen. So viel wie unser Zirkuszelt war ich in diesem Jahr nicht unterwegs, aber vor dem Hintergrund, dass ich in Brömsenberg ein entstehendes Wohnprojekt mitgestalten will und die Arbeit daran und an Haus & Hof momentan noch auf wenigen Schultern lastet, war es reichlich. (Zum Wohnprojekt "COMMuna in der Wassermühle Brömsenberg" gibt es einen Rundbrief, der hier oder per Mail an mich abonniert werden kann.) Anfang Juni fuhr ich zusammen mit dem Zirkuszelt nach Lützerath, wo es und weitere Zelte von uns erst für das Lebenslaute-Probenwochenende und zwei Wochen später für den ersten Teil des RWE-Tribunal s genutzt wurden. In diesem ersten Teil zum Themenkomplex "Zwangsumsiedlung, Natur- und Kultur-Zerstörung, Polizeigewalt, Gesundheitsgefährdung und Menschenrechtsverletzungen für Steinkohle-Importe für RWE-Kraftwerke" wurde, was wir grundsätzlich schon wissen, durch Anhörung von Zeug:innen und Sachverständigen eindrucksvoll und teilweise sehr bewegend belegt und ein nicht überraschendes Urteil gesprochen: Der Konzern RWE hat sich "zahlreicher vorsätzlicher und systematischer Menschenrechtsverletzungen" schuldig gemacht. Der zweite Teil des RWE-Tribunals fand am vergangenen Wochenende in Essen statt. Dazu mehr hier . Kurz danach ging es für mich mal wieder nach Büchel in der Südeifel. Seit 15 Jahren organisieren wir am "Fliegerhorst Büchel" Camps und Aktionen gegen Atomwaffen allgemein und die dort auf dem Bundeswehr-Flugplatz praktizierte sog. Nukleare Teilhabe, die bedeutet, dass deutsches Militär auf NATO-Befehl US-Atombomben abwirft und das laufend übt! Seit einigen Jahren konzentriert sich der COMM e.V. in Büchel auf die Aktionswoche von IPPNW/ICAN um den 7. Juli herum, den Jahrestag des Internationalen Atomwaffenverbotsvertrag s. Der wurde am 07.07.2017 beschlossen und trat am 22. Januar 2021 in Kraft. Weil sich die Bundesregierung beharrlich weigert, ihm beizutreten, haben wir an diesem Tag mit einem Dutzend Zweierteams "UN-Inspektor:innen" mit einer Schilderaktion am Zaun des "Fliegerhorstes" gesondert darauf hingewiesen. Eine Geschichte für sich ist die konzertierte Aktion von verschiedenen lokalen Ämtern und Behörden zusammen mit der Bundeswehr, uns die Proteste und insbesondere die Camps immer schwieriger zu machen. (Diese "Verschwörung" ist keine Theorie!) Der vorläufige Höhepunkt dieser Anstrengungen war die Räumung des Grundstücks direkt am "Fliegerhorst"-Haupttor, das wir in den letzten Jahren für die Camps und anderen Protest-Veranstaltungen nutzen konnten. Einen Tag bevor dort der 4. Kirchliche Aktionstag für eine atomwaffenfreie Welt stattfinden und ausserdem der Aufbau unseres Camps beginnen sollten, waren ein massives Polizeiaufgebot und diverse Behördenvertreter:innen samt "Feldjägern" vor Ort, um den Pächter des Geländes gewaltsam davon zu entfernen, das Gelände abzusperren und das Betreten zu verbieten. Das konnte nach stundenlangem Hin und Her nur knapp abgewendet werden. (Ich überlege, wenn ich im Winter Zeit dafür habe, auf juristischem Weg dagegen vorzugehen. Dann berichte ich wieder...) Ende Juli/Anfang August war Ende Gelände in meiner alten Heimat, um mit Protest gegen das in Brunsbüttel geplante LNG-Terminal die "dreckige Lüge vom sauberen Gas" zu entlarven. Zum Mitorganisieren fehlte mir leider die Zeit, aber ein Besuch des Camps musste sein. So konnte ich miterleben, wie über 2.000 Aktivist:innen sich auf den Weg zu den Aktionsorten im "ChemCoast Park" machten. Zeitgleich fand in Hamburg die Aktion Anti-koloniale Attacke! statt, mit der vor allem auf Koloniale Kontinuitäten und den in unserer Gesellschaft und uns selbst tief verwurzelten Rassismus hingewiesen werden soll. Als Ergebnis der vor Jahren begonnenen globalen Vernetzung und Voraussetzung für deren Weiterentwicklung zu einer weltweiten Klima-Gerechtigkeits-bewegung ist diese Debatte sehr zu begrüßen, auch wenn manche Forderungen z.B. im Zusammenhang mit sog. Kultureller Aneignung erstmal übers Ziel hinaus zu gehen scheinen. Jedenfalls ist diese Anwendung der Erkenntnis, dass alle Kämpfe von unten und links zusammengehören und letztendlich alle dasselbe bekämpfen, nämlich Kapitalismus, Rassismus, Patriarchat und all ihre "Nebenwirkungen", richtig und ein wichtiger Schritt hin zu einer gerechteren Welt. Im August ging es wieder nach Lützerath, wo auf dem Gelände eines Bauern, des mittlerweile letzten Grundstückseigentümers, der nicht an RWE verkauft hat, wie oben schon erwähnt das Festival Kultu r ohne Kohle , von dem u.a. das Klimacamp im Rheinland und Lebenslaute ein Teil waren, stattfand. Mein Schwerpunkt dabei war wieder die Unterstützung der Lebenslaute, die dieses Mal mehrere Konzerte an drei aufeinander folgenden Tagen gaben, unter anderem auch in "der Grube".  Im September musste ich mich auf ein Aktionswochenende beschränken, und so war ich am 17. und 18.09. in Rostock. Dort kamen unsere Freund:innen von JuNepA von ihrem antimilitaristischen Segeltörn mit der Lovis zurück und wir unterstützten ein bisschen bei der Abschlusskundgebung in der Rostocker Innenstadt. Und am Tag drauf fand die (leider doch nicht so) große Demo statt von unteilbar MV für "nachhaltige Klimapolitik, gerechtere Arbeits- und Lebensbedingungen, inklusive Bildungspolitik, Gesundheitsversorgung unabhängig von Profit, Antirassismus, Geschlechtergerechtigkeit, Menschen- und Asylrechte..." Und in wenigen Tagen: 1. Bundestagswahl. Bei aller berechtigten Kritik an Grundsätzlichem der repräsentativen Demokratie und ihrer besonderen Verkorkstheit in Deutschland ist es so, dass die Regierenden aus dem Wahlergebnis ihre Legitimation nehmen, ungeachtet der Quote der nicht oder ungültig abgegebenen Stimmen. Auch wenn wir bei 47 zur Wahl stehenden Parteien, von denen aber nur 6 eine realistische Chance haben, nichts Tolles, sondern nur das kleinste Übel wählen können, glaube ich, dass wir das tun sollten, um erstens das jetzt regierende Riesenübel abzuwählen^(1) und zweitens mit unseren Stimmen den Anteil der rechtsextrem Protest-Wählenden prozentual zu senken. Welche der 6 Parteien mit Aussicht, es in den Bundestag zu schaffen, dafür in Frage kommen, ist schnell herausgefunden ... ^(1) für mehr Motivation zu diesem Thema und zum Beleg dafür, dass es nicht nur kleine Unterschiede zwischen den sog. etablierten Parteien gibt, empfehle ich die "Zerstörungs"-Trilogie von Rezo: Zerstörung Teil 1: Inkompetenz , Zerstörung Teil 2: Klima-Katastrophe , Zerstörung FINALE: Korruption 2. Lützerath. Wie oben schon mehrmals angedeutet, war schon im Sommer für viele Aktive der Ort am Rand der Braunkohle-Tagebaugrube "Garzweiler" von besonderer Bedeutung. Das hat einerseits damit zu tun, dass laut mehrerer Studien des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung das Abbaggern von Lützerath und den anderen, insgesamt 6 Dörfern dort nicht nötig ist, wenn Deutschland seine selbst gesteckten bisherigen Klimaziele erreichen will. (Und diese Ziele werden in Kürze nachgebessert werden müssen.) Darum wurde die Straße zwischen Lützerath und Keyenberg als Rote Linie für das Erreichen der sog. Pariser Klimaziele bezeichnet. Bis dahin und nicht weiter darf die Kohlegrube ausgedehnt werden. Trotzdem liess RWE die L277 mitsamt ihren gesunden alten Alleebäumen im letzten Jahr abreissen, nach Aussagen von Fachleuten ohne besondere betriebliche Notwendigkeit, also als reine Machtdemonstration und Versuch, den Widerstand zu brechen. Seitdem gibt es die MaWaLü , eine rund um die Uhr besetzte Dauermahnwache am Ende der Straße am Rand von Lützerath. Und andererseits gibt es in Lützerath einen "alten" Einwohner, der sich weigert, seinen Hof an RWE zu verkaufen und nun enteignet werden soll. Dagegen wehrt er sich juristisch, aber das hat keine aufschiebende Wirkung. Die Bezirksregierung kann im Vorgriff auf den Ausgang des eigentlichen Enteignungsverfahrens dem Antrag von RWE auf "vorzeitige Besitzeinweisung" entsprechen. Das wird voraussichtlich zum 1. November geschehen, und dann "gehört" ganz Lützerath RWE und wird dem Erdboden gleichgemacht. Damit das nicht passiert, bereiten sich schon viele auf diesen Herbst vor, und heute in einer Woche will ich auch wieder in Lützerath sein und unsere Zelte aufbauen. Ich glaube, dass es nicht übertrieben ist, zu sagen, dass in diesem Jahr Lützerath das ist, was 2018 der Hambi war. Lützerath hat eine große praktische, aber auch symbolische Bedeutung bekommen. Bleibt Lützerath stehen, kommt der Tagebau Garzweiler zum Stehen und die anderen Dörfer dort bleiben auch stehen. Und es wäre ein wichtiger Sieg gegen die scheinbare Allmacht des Konzerns RWE, ausserdem ein wichtiger Schritt für den Klimaschutz, für die Energiewende und und und... Die derzeitige Planung der lokalen Initiativen wie Alle Dörfer bleiben , Lützerath lebt und Kirche(n) im Dorf lassen sieht so aus:** ** > * 24.9. Bundesweiter Klimastreik > * 29.9. ? 6.10. Aktionswoche ?Alle Bäume bleiben? > > *Ab 1.10. Beginn der Rodungssaison, wir fürchten Rodungen und > Abrisse in Lützerath* > > * 1.10. Aktion ?Platz nehmen!? in Lützerath > * 10.10.: Dorfspaziergang am Tagebau Garzweiler > * 22.10. Globaler Klimastreik > > *Ab 1.11.: RWE will sich in Lützerath Hof und Land von Eckardt > Heukamp aneignen und das Dorf vollständig zerstören* > > * ab 1.11. ?Unräumbar?-Festival in Lützerath und ?Ende Gelände > goes Lützerath? Obwohl vor Ort und überregional schon fleissig mobilisiert wird, findet nach meiner Wahrnehmung der Aufruf, nach Lützerath zu kommen, noch nicht die notwendige Resonanz. Immerhin hat als ein großer Akteur Ende Gelände schon konkrete Pläne, und ein Camp ähnlich wie 2018 das Hambi-Camp ist auch in Planung. Darum meine Bitte: Helft mit die Aufrufe von Lützerath lebt und Ende Gelände zu verbreiten. Es gibt zwar momentan viele Orte, an denen wir für Klima und Gerechtigkeit aktiv sein müssen, aber Lützerath ist gerade von besonderer Bedeutung. Vielen Dank und schöne Grüße         Carsten Orth PS: Unsere "Fundraising-Beauftragte" bat mich noch, den Spendenaufruf nicht zu vergessen. ? Es ist tatsächlich so, dass wir in diesem Jahr ein Defizit eingefahren haben. Inwieweit das mit Corona-bedingten Ausfällen zu tun hat, darüber lässt sich nur spekulieren. Tatsächlich sind ein paar Dauerspenden weggefallen, was zum Teil mit Einkommenseinbußen wegen Corona zu tun hat. Und auf der anderen Seite hatten wir ungeplante Ausgaben wie die Anschaffung eines neuen alten Vereins-Pkw (zwar ein Verbrenner, aber mit weniger als 5 l/100km Verbrauch) und des Anhängers für das Zirkuszelt. Wir versuchen, die mit der Durchführung von Camps entstehenden Kosten direkt von dort erstattet zu bekommen, aber es gibt eine Reihe von laufenden Ausgaben, die nicht auf die Camps und Aktionen umgelegt, sondern von Unterstützer:innen getragen werden sollen, denen es wichtig ist, dass wir diese Arbeit selbstbestimmt und unabhängig machen können. Darum: Wenn Du uns unterstützen willst, freuen wir uns über Deine Überweisung auf unser Konto bei der GLS-Bank: BIC: GENODEM1GLS, IBAN: DE72 4306 0967 2030 4204 00. Jede Spende hilft, ob groß oder klein, ob einmalig oder als Dauerauftrag. -------------- nächster Teil -------------- Ein Dateianhang mit HTML-Daten wurde abgetrennt... URL: -------------- nächster Teil -------------- Ein Dateianhang mit Binärdaten wurde abgetrennt... Dateiname : DSCF4175Ak.JPG Dateityp : image/jpeg Dateigröße : 224206 bytes Beschreibung: nicht verfügbar URL : -------------- nächster Teil -------------- Ein Dateianhang mit Binärdaten wurde abgetrennt... Dateiname : DSCF4222Ak.JPG Dateityp : image/jpeg Dateigröße : 500353 bytes Beschreibung: nicht verfügbar URL : -------------- nächster Teil -------------- Ein Dateianhang mit Binärdaten wurde abgetrennt... Dateiname : DSCF5252Ak.JPG Dateityp : image/jpeg Dateigröße : 135832 bytes Beschreibung: nicht verfügbar URL : -------------- nächster Teil -------------- Ein Dateianhang mit Binärdaten wurde abgetrennt... Dateiname : IMGP4771Ak.jpg Dateityp : image/jpeg Dateigröße : 181967 bytes Beschreibung: nicht verfügbar URL :