[AKV Presseverteiler] Pressemitteilung des Arbeitskreis Zensus: Gravierende Mängel bei der Volkszählung

Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung presse at vorratsdatenspeicherung.de
Mo Jan 30 15:10:19 CET 2012


Pressemitteilung des Arbeitskreis Zensus: vom 30.01.2012

Zahlreiche Verweigerer, Datenschutzprobleme und organisatorisches
Durcheinander bei den Behörden

Während die Volkszählung in der öffentlichen Wahrnehmung längst abgehakt
und abgeschlossen ist versenden die Statistikbehörden derzeit
Hunderttausende von Zwangsgeldandrohungen. Gleichzeitig werden
schwerwiegende Rechtsverstöße und Organisationspannen bekannt.


Anfang November 2011, sechs Monate nach dem Stichtag der Volkszählung
"Zensus 2011" hatten nach Auskunft der Behörden noch rund 400.000
Haushaltsbefragte noch keine Antworten gegeben und beinahe 4 Millionen
ausgesendete Fragebögen der Gebäude- und Wohnungszählung waren noch
nicht zurückgeschickt worden [1]. Es gibt also trotz allerlei
anderslautender Bekundungen ein nicht zu unterschätzendes
Verweigerungspotential der Bevölkerung gegenüber den per Gesetz
verankerten Auskunftspflichten.

Deswegen begannen die Landesstatistikämter zum Teil Ende November
letzten Jahres, in einigen anderen Bundesländern aber erst in diesen
Tagen damit, diesen Volkszählungsunwilligen mit dem behördlichen
Instrument der förmlichen Androhung eines Zwangsgeldes zu begegnen.
Zwangsgelder inklusive der anfallenden Amtsgebühren betragen zunächst
bis zu 406 Euro, können allerdings mehrfach verhängt werden, falls die
Betroffenen sich weiterhin verweigern. In Berlin geht man sogar so weit,
gleich die Verhängung einer "Ersatzzwanghaft" anzudrohen.

Gleichzeitig meldet sich die hessische Landesdatenschutzbehörde mit
erheblichen Bedenken bei der praktischen Umsetzung der Volkszählung zu
Wort [2]. Berichtet wird von sperrangelweit offenstehenden und
unbesetzten Amtsräumen der eigentlich abgeschotteten Erhebungsstellen,
von fehlenden Verpflichtungen zum Statistikgeheimnis, widerrechtlich am
Internet angeschlossenen Rechnern, fehlerhafter oder falsch
installierter Software, widerrechtlich angefertigten Kopien von
Volkszählerausweisen und sogar der Rasterung potentieller Volkszähler
durch das LKA Hessen.

"Schlimm genug, dass unsere Bedenken offenbar nicht ernst genommen
worden sind," meint Michael Ebeling vom volkszählungskritischen
Arbeitskreis Zensus [3] dazu. "Skandalös ist es aber, dass in manchen
Bundesländern wie Niedersachsen erst gar keine anlasslosen Überprüfungen
der praktischen Umsetzung der Volkszählung stattgefunden haben. Und
auch, dass der hessische Landesdatenschutzbeauftragte die gravierenden
Vorfälle zu bagtellisieren versucht, ist für mich völlig unverständlich
- sind seine Erkenntnisse doch vermutlich nur die Spitze des Eisbergs."

Aus Hamburg und Schleswig-Holstein berichten Betroffene hingegen von
einer weiteren umfassenden Organisationspanne des Statistikamts Nord
[4]. Nachdem man dort bereits im Juni 2011 durch eine "größere Panne"
negativ in die Schlagzeilen geraten war [5] scheinen die Behörden nun
offensichtlich bis zu 50.000 Zwangsgeldandrohungen verschickt zu haben,
die aus juristischer Sicht haltlos sind und widerrufen wurden. In den
förmlichen Zustellungen verwiesen die Behörde nämlich mit Nachdruck
darauf hin, dass man "den mit diesem Schreiben übermittelten Fragebogen"
unbedingt zu beantworten habe. Das Problem ist nur: Dem Schreiben lag
gar kein Fragebogen bei.


Verweise

[1] http://zensus11.de/2011/11/leak-zensus-befragte-bundesregierung/

[2] http://zensus11.de/2012/01/maengel-in-hessen/

[3] http://zensus11.de/

[4] http://zensus11.de/2012/01/chaos-in-hamburg-und-schleswig-holstein/

[5] http://www.ndr.de/regional/hamburg/zensus181.html

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Über den Arbeitskreis Zensus

Der Arbeitskreis Zensus ("AK Zensus") ist eine im Mai 2010 unter dem
Dach des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung gegründete
Bürgerinitiative, die sich kritisch mit der Volkszählung 2011 ("Zensus
2011") auseinandersetzt. Auf der Webseite www.zensus11.de informiert der
Arbeitskreis über das Gesetz, die möglichen Auswirkungen auf die
Bürgerinnen und Bürger und über den aktuellen Verlauf der
Erfassungsmaßnahmen. Der AK Zensus ist überparteilich und unabhängig,
jegliche Mitarbeit erfolgt ausschließlich ehrenamtlich.
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