Polizeistatistik Niedersachsen: Wiedereinführung einer Vorratsdatenspeicherung wäre maßlos

Patrick Breyer presse at vorratsdatenspeicherung.de
Mo Feb 20 08:15:55 CET 2012


Pressemitteilung des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung vom
20.02.2012:

Polizeistatistik Niedersachsen: Wiedereinführung einer
Vorratsdatenspeicherung wäre maßlos

Die jetzt vorliegende Kriminalstatistik[1] von Niedersachsen für
das Jahr 2011 zeigt: Nach dem Ende der anlasslosen
Vorratsspeicherung aller Verbindungsdaten bleibt die Aufklärung von
Internetkriminalität überdurchschnittlich erfolgreich.
Bürgerrechtler widerlegen falsche Behauptungen des Niedersächsischen
Innenministers Uwe Schünemanns und warnen vor einem weiteren Anlauf
zu einer verdachtslosen Vorratsspeicherung aller
Internetverbindungen.

Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann veröffentlichte
vergangene Woche Auszüge aus der Polizeilichen Kriminalstatistik
Niedersachsens für 2011 und wird nicht müde, nach einer erneuten
verdachtslosen Vorratsspeicherung aller Verbindungsdaten zu rufen.
Nichts in der Statistik aber spricht für die Annahme, dass das Ende
der Vorratsdatenspeicherung zu mehr Internetkriminalität geführt
hätte - im Gegenteil! Im Jahr 2011 und damit nach dem Ende der
Vorratsdatenspeicherung wurden in Niedersachsen 57% weniger
Internetdelikte registriert als im Vorjahr (2010: 609 Fälle, 2011:
387 Fälle), wie das Niedersächsische Innenministerium dem AK Vorrat
auf Nachfrage mitteilte. Dass der Polizei 2011 weniger
Internetdelikte bekannt geworden sind, beruht nicht auf dem Ende der
Vorratsdatenspeicherung am 2. März 2010, denn auf
Telekommunikationsdaten darf stets nur für Ermittlungen wegen
bereits bekannter Straftaten zugegriffen werden.

Die Statistik straft auch die ständige Leier maßloser Innenpolitiker
und Polizeifunktionäre Lüge, das Internet sei nach dem Ende der
Vorratsdatenspeicherung ein „rechtsfreier Raum“ oder Ermittlungen
seien kaum noch möglich: Im Jahr 2011 wurden in Niedersachsen auch
ohne Vorratsdaten fast vier von fünf Internetdelikten aufgeklärt
(79%). Damit waren im Internet begangene Straftaten auch ohne
Vorratsdatenspeicherung deutlich häufiger aufzuklären als außerhalb
des Internet begangene Straftaten (61%). Auch die Verbreitung von
Kinderpornografie über das Internet wurde 2011 ohne
Vorratsdatenspeicherung deutlich häufiger aufgeklärt (70%) als
außerhalb des Internet begangene Straftaten.

„Da Internetdelikte auch ohne Vorratsdatenspeicherung
überdurchschnittlich erfolgreich aufgeklärt werden, muss der fatale
Vorschlag des Bundesjustizministeriums für eine neuerliche
anlasslose Erfassung sämtlicher Internetverbindungen in Deutschland
vom Tisch“, erklärt Florian Altherr vom Arbeitskreis
Vorratsdatenspeicherung. „99,6% der Internetnutzer werden nie einer
Straftat auch nur verdächtigt. Der Schutz der 50 Mio. Internetnutzer
in Deutschland vor falschem Verdacht, Datenmissbrauch und
Datenpannen durch Vorratsdatenspeicherung darf nicht 'aufgrund
parlamentarischer Zwänge' verhandelbar werden. Die FDP muss hier zu
ihrem Wort stehen und jede verdachtslose Datenspeicherung ablehnen.“

Im Vergleich zum Vorjahr ist die Aufklärungsquote bei
Internetdelikten zwar zurück gegangen. Dies entspricht aber einem
langfristigen Trend (2008: 86,0%, 2009: 83,4%, 2010: 81,8%, 2011:
79,3%), der sich unabhängig von Inkrafttreten und Ende der
sechsmonatigen Totalspeicherung aller Internet-Identitäten (IP-
Adressen) im Zeitraum 01.01.2009-02.03.2010 entwickelt. Es ist
normal, dass Straftaten im Internet auf längere Sicht nicht häufiger
aufgeklärt werden als außerhalb des Internet begangene Straftaten
(2011: 61%).

„Angstkampagnen und Panikmache der Innenpolitik nach dem Ende der
Vorratsdatenspeicherung sind substanzlos, laufen allen
Sacherkenntnissen zuwider und helfen in einer nüchternen Debatte
nicht weiter“, erklärt Michael Ebeling vom Arbeitskreis. „Fakt ist,
dass wir mit gezielten und anlassbezogenen Ermittlungen nicht
weniger sicher leben als mit einer Vorratsdatenspeicherung der
Telekommunikations aller Deutschen ohne jeden Grund. Zwei Drittel
der Bürgerinnen und Bürger lehnen eine Vorratsdatenspeicherung ab[2]
und selbst die EU-Kommission sucht händeringend nach Argumenten für
die Fortführung[3] und denkt über deren gänzliche Abschaffung
nach[4]. Das sollte auch der Innenminister Niedersachsens zur
Kenntnis wahrnehmen und anerkennen.“

Nachweise:
[1]
<https://www.mi.niedersachsen.de/portal/live.php?navigation_id=14797&article_id=103161&_psmand=33>
[2]
<http://www.finanznachrichten.de/nachrichten-2011-09/21251051-allensbach-chefin-koecher-elterngeld-bei-unionsanhaengern-aeusserst-beliebt-003.htm>
[3]
<http://www.vorratsdatenspeicherung.de/content/view/520/79/lang,de/>
[4]
<http://www.vorratsdatenspeicherung.de/content/view/542/1/lang,de/>

Diese Pressemitteilung im Internet:
<http://www.vorratsdatenspeicherung.de/content/view/544/79/lang,de/>



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