Bundesinnenminister plant verdachtslose Aufzeichnung des Surfverhaltens im Internet

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Mi Aug 20 16:35:18 CEST 2014


Pressemitteilung des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung vom 20.08.2014:

Bundesinnenminister plant verdachtslose Aufzeichnung des Surfverhaltens
im Internet

+++ Datenschützer und Internetnutzer protestieren scharf gegen einen
neuen Gesetzentwurf von Bundesinnenminister de Maizière, der die mit
guten Argumenten gestoppte Vorratsdatenspeicherung nun bezogen auf die
Benutzung des Internet erlauben soll. "Das neuerliche Vorhaben von
Bundesminister de Maizière geht noch über die frühere
Vorratsdatenspeicherung hinaus, weil sogar der Inhalt unserer
Internetnutzung gespeichert werden soll", warnt Florian Altherr vom
Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung. Gegen die verdachtslose
Speicherung aller Verbindungs- und Standortdaten hatten 35.000 Bürger
erfolgreich Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingereicht. +++

Der neue Vorstoß des Bundesinnenministers ist in dem gestern vorgelegten
Entwurf eines "Gesetzes zur Erhöhung der Sicherheit
informationstechnischer Systeme (IT-Sicherheitsgesetz)"[1] versteckt.
Jeder Anbieter von Internetdiensten wie Google, Amazon oder Spiegel
Online soll danach künftig das Recht erhalten, das Surfverhalten seiner
Besucher ohne Anlass aufzuzeichnen – angeblich zum "Erkennen von
Störungen". Tatsächlich würde der Vorstoß zur Änderung des
Telemediengesetzes die unbegrenzte und unbefristete Speicherung jeder
Eingabe und jedes Mausklicks beim Lesen, Schreiben und Diskutieren im
Internet legalisieren. Die Surfprotokolle dürften ohne richterlichen
Beschluss an Polizei, Bundeskriminalamt, Geheimdienste sowie an die
Unterhaltungsindustrie herausgegeben werden. Eine Beschränkung auf
schwere Straftaten ist nicht vorgesehen.

Zudem will de Maizière Internet-Zugangsanbieter zwingen, auf Vorrat zu
speichern, welcher Teilnehmer wann mit welcher IP-Adresse das Internet
genutzt hat. Der Trick: Internetzugangsanbieter sollen ihre Kunden von
Hinweisen auf Schadsoftware auf ihrem Rechner benachrichtigen müssen,
was eine Speicherung aller IP-Adressen voraussetzt. Bisher lehnen viele
Internet-Zugangsanbieter die Vorratsspeicherung von
Internet-Verbindungsdaten weiterhin ab.[2] Der neue Gesetzentwurf sieht
keine zeitliche Grenze für Speicherung und Benachrichtigungspflicht vor.
Gespeicherte Internet-Verbindungsdaten wären für Auskünfte an Polizei,
Bundeskriminalamt, Geheimdienste sowie zum Versand von Abmahnungen an
die Unterhaltungsindustrie heranziehbar. Eine richterliche Anordnung
staatlicher Anfragen nach der Identität von Internetnutzern wäre ebenso
nicht vorgeschrieben, eine Beschränkung auf schwere Straftaten ebenfalls
nicht.

"De Maizière will nun nicht nur wissen, wann wir unter welcher Adresse
ins Internet gehen, sondern auch, was wir dort tun. Als nächstes will er
wahrscheinlich aufzeichnen lassen, welche Gespräche wir im Café führen
oder welche Zeitungsartikel wir lesen. Das ist ungeheuerlich, zumal es
in einem ganz anderen Gesetz versteckt wird", ergänzt Altherr "Ich
empfinde diese Vorratsdatenspeicherung und Surfprotokollierung durch die
Hintertür als eine schallende Ohrfeige für alle, die sich für mehr
Daten- und Persönlichkeitsschutz engagieren, zumal der Bundestag 2009
einen vergleichbaren Vorstoß des Amtsvorgängers Schäuble auf unseren
Protest hin ausdrücklich abgelehnt hat[3]", bekräftigt Ute Elisabeth
Gabelmann vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung. "Die nun geplanten
Datenberge wären dem permanenten Risiko von Datenklau, Datenpannen und
Datenmissbrauch ausgesetzt, was die Sicherheit unserer Daten bedroht.
Herr de Maizière widerspricht mit diesem Gesetzentwurf offen seinem nach
den Datenskandalen der letzten Jahre öffentlich verkündeten Ziel, den
Schutz der Daten von Bürgern und Internetbenutzern zu verbessern und die
gesetzlich verankerte Datensparsamkeit endlich zu fördern."

Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung fordert Bundesregierung und
Bundestag auf, für eine sofortige Streichung der geplanten
Huckepack-Änderungen des Telemediengesetzes und des
Telekommunikationsgesetzes aus dem Gesetzentwurf zur IT-Sicherheit zu
sorgen. Eine detaillierte Begründung ist auf der Internetseite des
Arbeitskreises veröffentlicht.[4]

Nachweise:
[1] Referentenentwurf IT-Sicherheitsgesetz:
http://www.bmi.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/Gesetzestexte/Entwuerfe/Entwurf_IT-Sicherheitsgesetz.pdf?__blob=publicationFile
[2] Speicherdauer der Internet-Zugangsanbieter:
http://wiki.vorratsdatenspeicherung.de/Speicherdauer#Speicherdauer_.28.C3.9Cbersicht.29
[3] Schäuble-Plan zur Surfprotokollierung gestoppt:
http://www.vorratsdatenspeicherung.de/content/view/306/79/lang,de/
[4] Begründung der Kritik des AK Vorrat:
http://www.vorratsdatenspeicherung.de/content/view/748/79/


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