Keine NSA für alle - Internetüberwachung durch Privatpersonen vorläufig abgewendet

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Mo Dez 14 08:06:02 CET 2015


Pressemitteilung des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung vom 14.12.2015:

Keine NSA für alle - Internetüberwachung durch Privatpersonen vorläufig
abgewendet

Im Vorfeld der Bundestagsanhörung zur WLAN-Haftung[1] hat der
Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung aus den Reihen der Koalition
erfahren, dass die vom Bundesrat geforderten Datenauskünfte über
Internetnutzer an Privatpersonen und Unternehmen zum "Schutz von
Persönlichkeitsrechten" erst einmal vom Tisch sind und nicht im
Zusammenhang mit der aktuellen Reform des Telemediengesetzes behandelt
werden sollen. Der Bundesrat hatte gefordert, dass Internetanbieter wie
Google, Facebook, eBay, Spiegel Online oder Heise Online künftig an
Privatpersonen Auskünfte darüber erteilen sollen, wer was im Netz
geschrieben hat.[2] Der Hintergrund: 2014 war ein Arzt daran
gescheitert, den Urheber einer negativen Bewertung seiner Behandlung in
Erfahrung zu bringen.[3] Unter anderem wurde ihm im Netz vorgeworfen,
Patientenakten in Wäschekörben zu lagern und eine Krankheit falsch
behandelt zu haben.[4]

Die Bundesregierung antwortete[5] dem Bundesrat, während bisher "der
Datenschutz Vorrang" habe, habe sie "grundsätzlich keine Einwände" gegen
die Zulassung von Datenauskünften über Internetnutzer an Privatpersonen.
Denkbar wäre dies nicht nur zum Schutz von Persönlichkeitsrechten,
sondern im Hinblick auf "alle sonstigen absoluten Rechte" wie z.B. das
Sacheigentum, das Markenrecht, Patentrechte und das Recht am
Gewerbebetrieb. Im Zuge der EU-Datenschutz-Grundverordnung würden
"Schlussfolgerungen ... hinsichtlich aller in Deutschland bestehenden
Datenschutzvorschriften zu ziehen sein".

Ingo Jürgensmann vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung erklärt: "Das
Recht auf anonyme Internetnutzung ist Voraussetzung der freien
Meinungsäußerung im Netz und der Aufdeckung von Missständen durch
Whistleblower. Wer bei jeder kritischen Äußerung eine teure Abmahnung
befürchten muss, wird sich selbst zensieren. Wenn Internetanbieter ihre
Nutzer Privaten verpfeifen müssen, drohen Abmahnwellen und eine
Unterdrückung unliebsamen zivilgesellschaftlichen Protests durch
Unternehmer. Die Bundesregierung sollte ihre Überlegungen aufgeben, denn
unzulässige Veröffentlichungen können schon heute gelöscht und strafbare
Posts von der Staatsanwaltschaft verfolgt werden. Gegen Flüchtlingshetze
helfen private Schnüffelrechte nicht, da Flüchtlinge kaum Abmahnungen
versenden werden. Gegen Online-Hass sind Zivilcourage und klare
Antworten anderer Nutzer die richtige Antwort."

Wie der Arbeitskreis seine Kritik im Einzelnen begründet, lesen Sie unter:
<http://www.vorratsdatenspeicherung.de/content/view/765/79/lang,de/>

Fußnote:
[1]
<https://www.bundestag.de/bundestag/ausschuesse18/a09/anhoerungen/anhoerung-telemediengesetz/398904>
[2]
<http://www.heise.de/newsticker/meldung/WLAN-Gesetz-Auskunftsanspruch-bei-Online-Hetze-im-Gespraech-2867709.html>
[3]
<http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=pm&Datum=2014&Sort=3&nr=68159&pos=0&anz=102>
[4]
<http://lrbw.juris.de/cgi-bin/laender_rechtsprechung/document.py?Gericht=bw&nr=18241>
[5] <http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/067/1806745.pdf#page=20>


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