Appell an Telekommunikations-Riesen: Verfassungswidrige Vorratsdatenspeicherung wegklagen, nicht umsetzen!

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Fr Jun 23 07:15:05 CEST 2017


Pressemitteilung des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung vom 23.
Juni 2017:

Appell an Telekommunikations-Riesen: Verfassungswidrige
Vorratsdatenspeicherung wegklagen, nicht umsetzen!

Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen hat gestern den ersten
Internet-Zugangsanbieter von der Pflicht zur verdachtslosen
Vorratsdatenspeicherung befreit, die zum 1. Juli umgesetzt werden soll
(Az. 13 B 238/17). Das schwarz-rote Gesetz zur Vorratsspeicherung treffe
"unterschiedslos ohne jede personelle, zeitliche oder geographische
Begrenzung nahezu sämtliche Nutzer" und greife unverhältnismäßig tief in
europäische Grundrechte ein. Angesichts der "bereits feststehenden
objektiv-rechtlichen Unrechtswidrigkeit der Speicherpflicht" bestehe
"schon im Ausgangspunkt keine legitimen öffentlichen Interessen an einem
vorläufigen Vollzug" des Gesetzes zur Vorratsdatenspeicherung.

"Wir appellieren nun an alle Telefon-, Mobilfunk- und Internetanbieter,
Klage einzureichen und das Überwachungsmonster Vorratsdatenspeicherung
nicht umzusetzen", erklärt Jens Kubieziel vom Arbeitskreis
Vorratsdatenspeicherung. "Das für die Bundesnetzagentur zuständige
Gericht hat eine auf alle Unternehmen übertragbare Grundsatzentscheidung
getroffen. Jeder Anbieter kann und muss jetzt handeln, um die
Kommunikationsfreiheit seiner Kunden vor grundloser Aufzeichnung zu
schützen. Wir werden alle großen Anbieter anschreiben und von ihnen
Auskunft über ihr Vorgehen verlangen."

Hintergrund: Aus Sicht der im Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung
zusammen geschlossenen Datenschützer, Bürgerrechtler und Internetnutzer
ist eine verdachtsunabhängige und wahllose Vorratsspeicherung von
Telekommunikationsdaten für viele Bereiche der Gesellschaft höchst
schädlich: Sie beeinträchtigt vertrauliche Kommunikation in Bereichen,
in denen Menschen auf Vertraulichkeit angewiesen sind (z.B. Kontakte zu
Psychotherapeuten, Ärzten, Rechtsanwälten, Betriebsräten, Eheberatern,
Kinderwunschzentren, Drogenmissbrauchsberatern und sonstigen
Beratungsstellen) und gefährdet damit die körperliche und psychische
Gesundheit von Menschen, die Hilfe benötigen, aber auch der Menschen aus
ihrem Umfeld. Wenn Journalisten Informationen elektronisch nur noch über
rückverfolgbare Kanäle entgegen nehmen können, gefährdet dies die
Pressefreiheit und beeinträchtigt damit elementare Funktionsbedingungen
einer freiheitlichen demokratischen Gesellschaft. Die
verdachtsunabhängige und wahllose Vorratsdatenspeicherung schafft
Risiken des Missbrauchs und des Verlusts vertraulicher Informationen
über unsere persönlichen Kontakte, Bewegungen und Interessen.
Telekommunikationsdaten sind außerdem besonders anfällig dafür, von
Geheimdiensten ausgespäht zu werden und Unschuldige ungerechtfertigt
strafrechtlichen Ermittlungen auszusetzen.


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