AK Vorrat an Koalition: Vorratsdatenspeicherung völlig ungeeignet zum Schutz von Kindern!

Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung presse at vorratsdatenspeicherung.de
Mo Nov 22 20:14:42 CET 2021


Pressemitteilung des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung vom 22.11.2021:

*AK Vorrat an Koalition: Vorratsdatenspeicherung völlig ungeeignet zum 
Schutz von Kindern!**
*

Die im Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung zusammengeschlossenen 
Bürgerrechtler, Datenschützer und Internetnutzer weisen Versuche der SPD 
zurück, eine Vorratsspeicherung von Internetverbindungsdaten mit dem 
Vorgehen gegen Kinderpornografie zu rechtfertigen. Wörtlich heißt es in 
dem heute versandten Schreiben an die Parteivorsitzenden der Ampelparteien:

/Sehr geehrte..., //
////
//gemeinsam mit zehn weiteren Bürgerrechts- und Berufsverbänden haben 
wir kürzlich ein Ende des Gesetzes zur verdachtslosen Vorratsspeicherung 
von Verbindungs-, Standort- und Internetdaten gefordert und die 
Vorratsdatenspeicherung von Telekommunikationsdaten in Deutschland als 
//*schädlichste Altlast der Großen Koalition*////bezeichnet 
<http://www.vorratsdatenspeicherung.de/content/view/798/79/lang,de/>//.//
////
//Da die Befürworter laut Medienberichten insbesondere mit der 
Bekämpfung von //*Kinderpornografie*//argumentieren, möchten wir Sie 
gern auf Folgendes hinweisen://
////
//1. Wie vierzehn Personen aus Zivilgesellschaft, Netzgemeinde, 
Journalismus, Recht und Wissenschaft sowie eines Vereins von 
Missbrauchsopfern schon vor Jahren in einem Offenen Brief 
auseinandergesetzt haben [1], ist eine //*Vorratsdatenspeicherung völlig 
ungeeignet zum Schutz von Kindern.*//Das Max-Planck-Institut für 
ausländisches und internationales Strafrecht schreibt wörtlich: 
"Insbesondere gibt es bislang keinen Hinweis dafür, dass durch eine 
umfängliche Verfolgung aller Spuren, die auf das Herunterladen von 
Kinderpornografie hindeuten, sexueller Missbrauch über den Zufall hinaus 
verhindert werden kann." Umgekehrt gilt, dass anonyme Kommunikation 
Kinder schützt, indem sie anonyme Beratung, Selbsthilfe und Anzeigen 
ermöglicht.//
////
//2. Nach einer Untersuchung des eben bereits erwähnten 
Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Strafrecht 
erfolgen //*weniger als 5% der staatlichen IP-Auskunftsersuchen*//wegen 
eines Verdachts des Austauschs kinder- oder jugendpornografischer 
Darstellungen über das Internet. [2] Auch laut polizeilicher 
Kriminalstatistik 2020 betreffen nur 5% der polizeilichen Ermittlungen 
wegen Internetdelikten Fälle des Austauschs kinder- oder 
jugendpornografischer Darstellungen im Internet.//
////
//3. Solche Ermittlungen waren schon vor Inkrafttreten einer 
IP-Vorratsdatenspeicherung zum 01.01.2009 //*überdurchschnittlich 
erfolgreich*//(Aufklärungsrate 2008: 80%), sogar etwas erfolgreicher als 
nach Inkrafttreten einer IP-Vorratsdatenspeicherung am 01.01.2009 
(Aufklärungsrate 2009: 76%). Dies beruht darauf, dass eine 
Vorratsdatenspeicherung Straftäter zum Einsatz von Umgehungsstrategien 
veranlasst (z.B. Postversand von CD-Roms, Internetcafés, offene 
Netzzugänge, Anonymisierungsdienste, unregistrierte Prepaidkarten, 
nicht-elektronische Kommunikationskanäle), so dass ihre Kommunikation 
selbst im Verdachtsfall nicht mehr zu überwachen ist. Es ist demnach 
nicht nachzuweisen, dass eine IP-Vorratsdatenspeicherung überhaupt einen 
statistisch signifikanten Beitrag zu der Zahl der aufgeklärten 
Straftaten leistete, nachdem selbst die sechsmonatige 
IP-Vorratsdatenspeicherung im Jahr 2009 die Aufklärungsquote nicht 
gesteigert hat. Im Jahr 2020 wurde die Verbreitung pornografischer 
Schriften laut Kriminalstatistik //*zu 91,3% aufgeklärt - ohne dass eine 
Pflicht zur IP-Vorratsdatenspeicherung in Kraft ist!*//
////
//4. Die Bedeutung einer IP-Vorratsdatenspeicherung wird oft 
verharmlost; auch der EuGH hat sie zuletzt leider nicht mehr 
ausgeschlossen, wenn sie mit der Bekämpfung schwerer Kriminalität und 
der Verhütung schwerer Bedrohungen der öffentlichen Sicherheit begründet 
wird (zuletzt Generalanwalt beim EuGH, 18.11.2021 - C-793/19, C-794/19, 
Abs. 81). Es gilt aber eine politische Entscheidung zu treffen. 
Vorratsdatenspeicherung ist immer ein Dammbruch. Eine generelle und 
undifferenzierte Vorratsspeicherung unserer Identität im Internet 
ermöglicht die //*Erstellung aussagekräftiger Persönlichkeits- und 
Bewegungsprofile praktisch jeden Bürgers in noch höherem Maße als 
Telefon-Verbindungsdaten*//://
//Die Kenntnis der Identität eines Internetnutzers macht in Verbindung 
mit sogenannten "Logfiles" der Diensteanbieter potenziell unsere gesamte 
Internetnutzung nachvollziehbar - nicht nur, mit wem wir in Verbindung 
standen (wie bei Telefon-Verbindungsdaten), sondern sogar die Inhalte, 
für die wir uns im Netz interessiert haben (jede unserer Eingaben, jeder 
unserer Klicks, jeder unserer Downloads, jeder unserer Beiträge/Posts im 
Netz). Aus der IP-Adresse lässt sich auch der Aufenthaltsort ableiten - 
nach neuen Forschungsergebnissen sogar, ob sich der Nutzer zu Hause, auf 
der Arbeit oder unterwegs befindet.//
//Dies ist vergleichbar, als wenn jedem Bürger auf Schritt und Tritt ein 
Überwacher folgen würde.//
////
//5. Eine generelle und undifferenzierte Vorratsspeicherung unserer 
Identität im Internet hätte unzumutbare Auswirkungen: Sie würde das 
//*Ende der Anonymität im Internet*//bedeuten. Sie würde es unmöglich 
machen, das Internet frei vom Risiko staatlicher Beobachtung (z.B. auch 
wegen eines falschen Verdachts), missbräuchlicher Offenlegung durch 
Mitarbeiter des Anbieters und versehentlichen Datenverlustes (z.B. 
T-Mobile-Datenverlust) zu nutzen. Dadurch hätte auch eine 
IP-Vorratsdatenspeicherung unzumutbare Folgen, wo Menschen nur im Schutz 
der Anonymität überhaupt bereit sind, sich in einer Notsituation beraten 
und helfen zu lassen (z.B. Opfer und Täter von Gewalt- oder 
Sexualdelikten), ihre Meinung trotz öffentlichen Drucks zu äußern oder 
Missstände bekannt zu machen (Presseinformanten, anonyme Strafanzeigen, 
ausländische Dissidenten).//
////
//6. Eine generelle und undifferenzierte Vorratsspeicherung unserer 
Identität im Internet stünde //*in keinerlei Verhältnis zu ihrem 
möglichen Nutzen:*//Schon heute werden Internetdelikte 
überdurchschnittlich häufig aufgeklärt; die Einführung einer 
sechsmonatigen IP-Vorratsdatenspeicherung im Jahr 2009 erhöhte diese 
Aufklärungsquote nicht. Eine flächendeckende Vorratsdatenspeicherung 
droht die Aufklärung von Straftaten umgekehrt sogar zu erschweren, weil 
sie ein verstärktes Ausweichen auf Anonymisierungstechniken und andere 
Kommunikationskanäle nach sich zieht und dadurch selbst gezielte, 
verdachtsabhängige Überwachungsmaßnahmen vereitelt, wo sie heute noch 
möglich sind.//
////
//Verbreitete Irrtümer und Populismen zur IP-Vorratsdatenspeicherung 
haben wir in einer Broschüre richtiggestellt, auf die wir ebenfalls 
hinweisen möchten [3].//
////
//Wir appellieren abschließend an Sie, in den Koalitionsverhandlungen 
ein //*klares Bekenntnis zur Aufhebung jeder Form der 
Vorratsdatenspeicherung*//von Telekommunikationsdaten (§113a ff. TKG) in 
Deutschland zu beschließen.//
////
//Für Rückfragen und Expertise stehen wir jederzeit zur Verfügung!//
////
//Mit besten Grüßen//
//Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung//
//Web: //http://www.vorratsdatenspeicherung.de//
//E-Mail: //<kontakt at vorratsdatenspeicherung.de>//
////
////
//[1] 
//https://www.daten-speicherung.de/index.php/intelligente-strategien-fuer-ein-sicheres-netz-ip-vorratsdatenspeicherung-stoppen/#kinder//
//[2] BT-Drs. 16/8434, 78, 
//http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/16/084/1608434.pdf//.//
//[3] 
//http://wiki.vorratsdatenspeicherung.de/images/Populismen-zu-vds-und-ueberwachung.pdf//(ab 
Seite 45)//
///
-------------- nächster Teil --------------
Ein Dateianhang mit HTML-Daten wurde abgetrennt...
URL: <https://listen.jpberlin.de/pipermail/akv-presseverteiler/attachments/20211122/e46d6e25/attachment.htm>


Mehr Informationen über die Mailingliste AKV-Presseverteiler