[COMM-Rundbrief] In eigener Sache

carsten carsten at comm-ev.de
Fr Jan 1 20:12:02 CET 2016


Liebe Freund_innen des COMM e.V.,

nach einer längeren Pause im Bedienen dieses Verteilers - die letzten
beiden Mails waren ja keine "echten" COMM-Rundbriefe ;-) - finde ich
endlich wieder die Muße dazu.

Zuerst wünsche ich uns allen Gesundheit, Glück und Erfolg im Privaten
und in der politischen Arbeit, und dass das neue Jahr weniger böse
Überraschungen und politische Entwicklungen in die falsche Richtung
bringt...

Das vergangene Jahr, oder besser die letzten 15 Monate, also die Zeit
seit dem letzten richtigen COMM-Rundbrief, waren ereignisreich und
turbulent, sowohl für mich im persönlichen als auch im Bereich der
politischen und der Vereinsarbeit.

Kurzer Rückblick:

Die Vorbereitung von büchel65 ging (aus privat-politischen Gründen)
etwas stressig los, aber dann stellte das siebenköpfige Orgateam eine 65
Tage dauernden Kampagne auf die Beine, zu der an mehr als 30 Tagen
insgesamt über 450 Aktivist*inen aus ganz Deutschland und einige aus
Frankreich anreisten, um mit gewaltfreien Sitzblockaden vor den Toren
des "Fliegerhorstes Büchel" auf den dort praktizierten vielfachen
Skandal hinzuweisen: Schon die Drohung mit dem Einsatz von Atomwaffen an
sich verstößt gegen das Völkerrecht, und dass Deutschland das tut (im
Rahmen der sog. Nuklearen Teilhabe in der NATO), verstößt dazu noch
gegen internationale Verträge und das Grundgesetz. Statt wie 2010 vom
Bundestag gefordert für den Abzug der Bücheler US-Atombomben zu sorgen,
stimmte aber die derzeitige Regierung der "Modernisierung" genannten
Neu-Stationierung des ganz neu entwickelten Nachfolgemodells zu...

Im Anschluss an meine Daueranwesenheit in Büchel stieg ich wieder
intensiver ein in die Vorbereitung des vierten "War starts here"-Camps
am sog. Gefechtsübungszentrum GÜZ (von Rheinmetall betriebener und an
die Bundeswehr und andere Armeen vermieteter modernster
Truppenübungsplatz Europas) in der Altmark, wo alle
Bundeswehr-Soldat*innen für die laufenden Kriegseinsätze trainiert
werden. Höhepunkt des Camps war der Aktionstag am 1. August, an dem
wieder etliche Aktivist*innen durch "unbefugtes Betreten des
militärischen Sicherheitsbereiches" mit dem Ziel "Schnöggersburg"
einerseits den Normalbetrieb an diesem Ort praktischer
Kriegsvorbereitung störten und andererseits hinwiesen auf das allgemein
leider weitgehend unbekannte Symbol für eine neue Stufe deutschen
Militarismus' - an altem Ort...

Quasi nahtlos schloss sich das Klimacamp im Rheinland mit der
Degrowth-Sommerschule an. Das von RWE betriebene Rheinische
Braunkohle-Tagebaurevier
<https://de.wikipedia.org/wiki/Rheinisches_Braunkohlerevier> und die es
umgebenden zahlreichen Kraftwerke sind Europas größter CO_2 -Emittent,
abgesehen von etlichen anderen Dingen, die am großflächigen Abbaggern
<https://de.wikipedia.org/wiki/Devastierung> und Verstromen von
Braunkohle <https://de.wikipedia.org/wiki/Braunkohle> im Allgemeinen und
der Politik von RWE im Besonderen kritisiert werden müssen. Entsprechend
versammelten sich mehr als tausend Klimaschutz-Aktivist*innen auf dem
Camp und machten sich am 15. August unter dem Motto "ENDE GELÄNDE" auf
den Weg in die Grube Garzweiler, um dort den Betrieb der Riesenbagger
stillzulegen. Diese gelungene und vielbeachtete Massenaktion Zivilen
Ungehorsams war erst der Anfang und nur ein Teil einer größer werdenden
globalen Bewegung...

Der Rest des Jahres war, zumindest medial, dominiert zunächst von der
sog. Flüchtlingskrise, die "Deutschland vollkommen überraschend
überrollte", obwohl seit Jahren von überquellenden Notlagern mit
Millionen von Geflüchteten vor den EU-Aussengrenzen in Nahen Osten und
in Nordafrika berichtet wurde und Tausende auf ihrer Flucht übers
Mittelmeer ertrunken sind. Dann, heute vor genau sieben Wochen,
geschahen die Mordanschläge in Paris, die scheinbar nur eine Konsequenz
zuliessen, sowohl für Frankreich als auch die BRD: noch mehr Krieg...

Im letzten COMM-Rundbrief am 11. September 2014 erinnerte ich an Folgendes:
> Vor genau 13 Jahren gab es die "Terroranschläge am 11. September 2001"
> in den USA. Unabhängig davon, wer sie wirklich organisiert hat:
> Seitdem ist der sog. NATO-Bündnisfall ausgerufen (und bis heute nicht
> zurück genommen worden), und nicht nur die USA, auch Deutschland
> befindet sich im Krieg. Mit den Ereignissen von vor 13 Jahren wurden
> in vielen "westlichen Ländern", so auch bei uns, in den Jahren danach
> massive Einschränkungen von Freiheiten und Grundrechten begründet, die
> ohne das kaum hingenommen worden wären. Dazu kommt die immer
> schamlosere Instrumentalisierung der Massenmedien, auch des
> öffentlich-rechtlichen Rundfunks, für Kriegspropaganda. Genau 100
> Jahre nach Beginn des Ersten und 75 Jahre nach Beginn des Zweiten
> Weltkriegs scheinen die Lehren daraus vergessen zu sein: Nie wieder
> Faschismus - Nie wieder Krieg! Wenn ich mir gelegentlich in ARD und
> ZDF Nachrichten über die sog. Ukraine-Krise ansehe, fällt mir das
> Zitat von Max Liebermann ein: „Ick kann jar nich soville fressen, wie
> ick kotzen möchte.“ Und dann bleibt mir nur die Hoffnung, dass sich
> genug Menschen daran erinnern, wie mit Lügen und gefälschten
> Medienberichten Stimmung für die völkerrechtswidrigen NATO-Kriege z.
> B. in Jugoslawien und Irak gemacht wurde. Und ich frage mich: Wer will
> das, und wem nützt das?
Nach den Anschlägen von Paris rief der französische Präsident den
Notstand aus und sein Kriegsminister die europäische Union um
militärische Hilfe. (Im Gegensatz zum NATO-Statut, nach dem im sog.
Bündnisfall
<http://de.wikipedia.org/wiki/B%C3%BCndnisfall#B.C3.BCndnisfall_NATO>
jedes Vertragsland "Maßnahmen trifft", die es "für erforderlich
erachtet", sieht der EU-Vertrag vor, dass die anderen Länder "ihm alle
in ihrer Macht stehende Hilfe schulden".)

Keine drei Wochen später hatten die Bundesregierung beschlossen und die
Große Koalition im Bundestag ohne wirkliche Debatte abgenickt, dass
Deutschland in den Syrien-Krieg eintritt, u.a. mit dem Entsenden von
"Aufklärungs-Tornados" aus Jagel. Weil das erneut ein Kriegseinsatz ohne
UN-Mandat, also völkerrechts- und grundgesetzwidrig wäre, und weil es im
schon mehrere Jahre dauernden Syrien-Krieg ganz offensichtlich um etwas
anderes als die angebliche "Bekämpfung des IS-Terrors" geht und aus
weiteren Gründen waren wir am 7. Dezember zu einer kleinen
Protestkundgebung vorm Haupttor des "Fliegerhorstes Jagel", und ich habe
dort Flugblätter verteilt, in denen ich die dortigen
Bundeswehrangehörigen dazu aufrufe, diesen Einsatz zu verweigern. Das
Flubblatt hänge ich an. Auf den dort verteilten Exemplaren steht auch
mein Name samt Adresse, um eine eventuelle Strafverfolgung dieses
"öffentlichen Aufrufs zu einer Straftat" nicht unnötig zu
erschweren. ;-)   Bis jetzt kam noch nichts...

Anders im Zusammenhang mit büchel65, wo ich sowas weder provoziert noch
erwartet hatte: Während sämtliche Verfahren gegen die Teilnehmer*innen
an den Blockaden eingestellt wurden, erliess das Amtsgericht Cochem auf
Betreiben von Polizei und Versammlungsbehörde einen Strafbefehl in Höhe
von 2.400 € (80 Tagessätze zu je 30 €) gegen mich. Sie behaupten, ich
hätte in 22 Fällen "als Veranstalter eine Versammlung ohne Anmeldung
durchgeführt", und begründen das damit, dass ich auf "meiner
Internetseite" www.buechel-atomwaffenfrei.de/büchel65/
<http://www.buechel-atomwaffenfrei.de/buechel65/> die Aktionen
organisiert und beworben hätte. Ich habe Einspruch gegen den Strafbefehl
eingelegt, warte jetzt auf die Mitteilung eines Verhandlungstermins, und
als weitere Schritte haben wir im büchel65-Orgateam überlegt: Wir
teilten dem Gericht mit, dass zwar bisher nur ich im Impressum der
genannten Internetseite stand, aber alle sieben, die nun auch namentlich
genannt sind, gemeinschaftlich die Verantwortung dafür tragen. Ausserdem
wandten wir uns an alle, die an den Aktionen teilgenommen haben, mit der
Bitte, dem Gericht zu schreiben, dass jeweils ihre Gruppe und jede*r
darin eigenverantwortlich, also ohne "Veranstalter" oder
"Hauptverantwortlichen" gehandelt hat. Solche Briefe hat das Gericht
mittlerweile zahlreich erhalten. Wir sind gespannt, wie es weitergeht...

Neben der zum Jahreswechsel üblichen Arbeit mit Berichten und
Abschlüssen und der in Kürze abgeschlossenen Arbeit am neuen
COMM-Kalender laufen auch schon die Vorbereitungen für die nächsten
Camps und Aktionen, und im Januar ist schon jedes Wochenende für ein
Treffen verplant...

Zusätzlich wollen wir ein weiteres Projekt betreiben: Wir suchen für den
Verein und eine Gruppe von Mitgliedern ein neues Zuhause. Mehr dazu gibt
es hier: www.comm-ev.de/index.php/projekte/vereinsheim/ ,
und über Hilfe bei der Suche würden wir uns sehr freuen...

Soviel erstmal für heute. Wie schon gesagt gibt es viel zu tun, und das
neue Jahr wird sicher nicht langweiliger als das vergangene, in jeder
Hinsicht...

Alles Gute und liebe Grüße         Carsten

PS: Mit dem nächsten COMM-Rundbrief werde ich nicht wieder 15 Monate
warten.
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