[IPK] Griechenland/OKDE: Nein zu einem Abkommen mit der EU -- keine weiteren Verhandlungen!

Inprekorr-Webmaster webmaster at inprekorr.de
Sa Jul 4 11:58:35 CEST 2015


Griechenland:

Nein zu einem Abkommen mit der EU -- keine weiteren Verhandlungen!

-------------------------------------------------------------------

 

Erklärung der OKDE-Spartakos

 

 

Trotz fortgesetzter Bemühungen ist es der griechischen Regierung nicht
gelungen, das Vertrauen der Institutionen (EU, IWF) und die Zustimmung der
herrschenden Klassen in Europa zu gewinnen. Alle Loyalitätsbekundungen, die
Schulden "vollständig und fristgerecht" zurückzuzahlen und auf einseitige
Maßnahmen zu verzichten sowie keinerlei Maßnahmen zu ergreifen, die dem
kapitalistischen Gang der Dinge zuwiderlaufen, haben nicht ausgereicht.

 

SYRIZA hat sogar zunehmend Maßnahmen und Reformen im Sinne der EU-Vorgaben
verabschiedet -- Privatisierungen, Erhöhung des Renteneintrittsalters,
faktische Kürzung der Löhne und Renten, Mehrwertsteuererhöhung auf
Massenkonsumgüter etc. Doch selbst diese heiklen Maßnahmen reichen EU, IWF
und ihren Gleichgesinnten in Griechenland nicht aus, denn sie wollen
zugleich alle Hoffnungen (und Illusionen) zerstören, die mit einer Regierung
verbunden sind, die dafür gewählt wurde, Schluss mit der Memorandumspolitik
zu machen, auch wenn sie dieses Wahlversprechen bereits unmittelbar nach der
Wahl wieder kassiert hat.

 

Damit hatte sich die SYRIZA-Spitze in eine Sackgasse begeben. Da sie mit
einer Unterzeichnung des jüngsten EU-Abkommmens nicht ihr eigenes
Todesurteil unterschreiben konnte -- es hätte ihr dasselbe Schicksal wie das
der sozialdemokratischen Pasok unter George Papandreou beschert -- und da
sie gleichzeitig unter dem Druck der Straße stand, hat die Regierung dieses
Referendum angesetzt. Wir sind zwar frei von Illusionen, was die Absichten
oder die Fähigkeit von Syriza angeht, sich den Interessen des Kapitals und
der kapitalistischen Institutionen zu widersetzen, aber ein NEIN zu den
Vorgaben der Troika kann unter entsprechenden Umständen eine neue Runde in
der politischen Krise des Systems öffnen, das uns ausbeutet und unterdrückt.

 

Wir werden in diesen Tagen erleben, wie die traditionellen Sachwalter des
Kapitals ND und Pasok gemeinsam mit den neoliberalen Ultras von To Potami,
die erbittert soziale Reformen und höhere Löhne bekämpfen und stattdessen
weitere Einbußen befürworten, mit Schaum vor dem Mund die bevorstehende
Katastrophe im Falle eines siegreichen NEIN heraufbeschwören. Sie werden
Zeter und Mordio über einen möglichen Austritt aus dem Euro schreien. Die
ArbeiterInnenklasse hat aber die eigentliche Katastrophe bereits erlebt,
nämlich Austeritätspolitik und verschärfte Ausbeutung. Sie kann nicht und
sollte nicht terrorisiert sein, denn sie hat bei Kapitalverkehrskontrollen
oder einer Krise der Eurozone nichts Wesentliches zu verlieren. Im
Gegenteil: Wenn das kapitalistische Ausbeutungssystem, das uns ausbeutet,
ins Wanken gerät, dann bereiten wir uns auf die Schlacht vor. Der Weg zum
Bruch mit EU und IWF wird nur mit Selbstvertrauen und Kampfeswillen zu
beschreiten sein und nicht etwa aus Angst und Verzweiflung.

 

Ein solcher Bruch lässt sich freilich nicht einfach nur an den Urnen
erzielen. Mit Wahlen konnte Austeritätspolitik noch nie abgeschafft werden
und auch das Referendum wird dies nicht richten. Vielmehr müssen wir jetzt
auf die Straße gehen, um einerseits den reaktionären Befürwortern eines
kapitalistischen Europa entgegen zu treten, und andererseits dafür zu
kämpfen, dass tatsächlich ein Bruch zustande kommt und nicht bloß ein
Manöver für bessere Verhandlungsbedingungen seitens von Tsipras und der
SYRIZA-Spitze. Man darf sich übrigens keine Illusionen machen: Gäbe es keine
Massenmobilisierungen -- nicht nur jetzt, sondern mehr noch in der
Vergangenheit -- dann gäbe es auch keine Krise mit den Institutionen und die
Memorandumspolitik könnte ungehindert ablaufen.

 

Mit unserem NEIN zu den Vorgaben der Troika sprechen wir keinesfalls der
SYRIZA-ANEL-Regierung unser Vertrauen aus. Deren eigene
Verhandlungsvorschläge -- der 47-seitige Text und die nachgereichten
Änderungen -- sind genauso wenig hinnehmbar und laufen auf ein weiteres,
allenfalls etwas abgemildertes Memorandum hinaus und bringen weitere
Einschnitte und Privatisierungen. In manchen Punkten sind sie sogar noch
reaktionärer als die der Institutionen, nämlich was die Rüstungsausgaben und
die Steuererleichterungen für die Reeder anlangt. Zu diesen Vorschlägen
sagen wir ebenfalls NEIN und kämpfen dagegen.

 

Wir werden am 5. Juli mit NEIN stimmen.

 

NEIN, um die Bresche weiter zu öffnen und nicht, um in eine neue
Verhandlungsrunde einzutreten.

 

NEIN -- nicht bloß an den Urnen, sondern auf den Straßen.

 

NEIN zu diesem und zu jedem anderen Abkommen.

 

NEIN zur Eurozone, zur EU und zum IWF und nicht nur zu ihren Vorgaben.

 

NEIN zur Troika, aber auch zu allen anderen Sachwaltern dieses Systems.

 

 

Zentralkomitee von OKDE-Spartakos, griechische Sektion der IV.
Internationale 28.6.2015, http://www.okde.org/index.php/en/

 

Übers. aus dem Französischen: MiWe

 

 

 

-------------------------------------------------------------------

Aus: Inprekorr (Online-Ausgabe) Nr. 4/2015  (Internat.Pressekorrp.)

Nachdruck gegen Quellenangabe und Belegexemplar erwünscht

Bestellungen:          Inprekorr, Hirtenstaller Weg 34, 25761 Büsum

E-Mail:                                    vertrieb(at)inprekorr.de

Doppelheft:  4 EUR;        Schnupperabo: Ein halbes Jahr für 10 EUR

Jahresabo:            20 EUR (Inland), 12 EUR (ermäßigt), E-Abo 50%

Artikel im Internet:                        http://www.inprekorr.de

-------------------------------------------------------------------

-------------- nächster Teil --------------
Ein Dateianhang mit HTML-Daten wurde abgetrennt...
URL: <https://listen.jpberlin.de/pipermail/inprekorr-l/attachments/20150704/b7e08d3e/attachment.html>


Mehr Informationen über die Mailingliste Inprekorr-l