[IPK] Belgien: Die LCR/SAP verurteilt den Marsch der Regierung in einen autoritären Starken Staat

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So Nov 29 19:44:45 CET 2015


Belgien:

Die LCR/SAP verurteilt den Marsch der Regierung in einen autoritären Starken
Staat

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Pressemitteilung der belgischen Sektion der Vierten Internationale

 

 

Die LCR/SAP schlägt die Alarmglocken angesichts der anti-demokratischen
Maßnahmen, die im Namen des Kampfes gegen den Terrorismus ergriffen werden.

 

Wir erachten es als nicht hinnehmbar, dass der Sicherheitsrat sich hinter
undurchsichtigen Lagebeurteilungen des OCAM [1] versteckt, um einen
Ausnahmezustand zu etablieren, der keiner demokratischen Kontrolle
unterworfen ist.

 

Heute [am Montag, den 23.11.] hat der Premierminister die Aufrechterhaltung
des Ausnahmezustands für mindestens zehn weitere Tage angekündigt. Im Namen
der Regierung hat er dafür keine Erklärung gegeben. Die Bevölkerung solle
sich mit der Tatsache zufrieden geben, dass die Mitglieder der Exekutive
kundtun, dass sie nach bestem Wissen und Gewissen handeln. Nach Auffassung
der LCR/SAP öffnet dies Tür und Tor für allen Missbrauch.

 

Wir meinen, dass die Regierung Michel in zynischer Weise den Schrecken
instrumentalisiert, der durch die schändlichen Attentate des Daesh [des
Islamischen Staats] verbreitet wurde, um ein extremes mediales und
politisches Sicherheitsklima durchzusetzen, in dem jeglicher Protest gegen
ihre ungerechte neoliberale Politik mit dem Verweis, damit werde das Spiel
des Feindes betrieben, in Acht und Bann getan wird.

 

Die inkonsequente Entscheidung, die Schulen wieder zu öffnen und die
U-Bahnen wieder fahren zu lassen, ist ein Beleg für den Zynismus dieser
politischen Instrumentarisierung.

 

Es ist keineswegs unerheblich, dass Innenminister Jambon an diesem 23.11.,
dem Tag des 24-stündigen Streiks in der Provinz Hainaut [Hennegau, im Westen
Belgiens] die Gewerkschaften aufgerufen hat, sich im Rahmen des
antiterroristischen Kampfes "verantwortlich zu verhalten", also alles zu
unterlassen, was das aktuell herrschende bleierne Klima beeinträchtigen
könnte. Und es ist auch nicht unerheblich, dass Joëlle Milquet von der
[französischsprachigen Partei centre démocrate Humaniste] cdH, die als
"linke Opposition" zur Regierung Michel gilt, ebenfalls die Gewerkschaften
angegriffen hat.

 

Unter dem Vorwand des Kampfes gegen den Terrorismus versucht die Rechte,
allen voran die N-VA [Nieuw-Vlaamse Alliantie, Neu-Flämische Allianz], einen
Starken Staat durchzusetzen. Sie will die politischen und sozialen
Kräfteverhältnisse zu ihren Gunsten verändern, vor allem indem sie die
Gewerkschaften in die Ecke drängt. Sie sieht sich dadurch bestätigt, dass
die gesamte parlamentarische Opposition, allen voran die Sozialdemokraten
von [der frankophonen] PS und [der flämischen] sp.a, ihre prinzipielle
Unterstützung für die "Nationale Einheit" und die Verstärkung der
Repressionsorgane erklärt hat.

 

Es ist zu befürchten, dass die Regierung das aktuelle Klima nutzen wird, um
beschleunigt und ohne große Debatten ihre Vorhaben zur Demontage
gewerkschaftlicher Rechte und zur Umsetzung weiterer Sozialabbaumaßnahmen
durchzusetzen.

 

Die LCR/SAP beglückwünscht die gemeinsame Front der Gewerkschaftsverbände
FGTB/ABVV und CSC/ACV in Hainaut dafür, dass sie nicht dem Druck nachgegeben
hat und den Streik vom 23. November durchgeführt hat. Wir rufen die gesamte
Linke dazu auf, sich aus der Falle der Sicherheitspolitik loszureißen. Seit
mehr als zehn Jahren hat der "Krieg gegen den Terrorismus" nur die Zunahme
des Terrors befördert. Das Recht auf ein friedliches und sicheres Leben ist
untrennbar verbunden mit einem radikalen Richtungswechsel auf allen Ebenen:
für mehr soziale Gerechtigkeit, für gleiche Rechte, für die Befriedigung der
Bedürfnisse, die Verteilung des Reichtums und die Würde der Menschen.

 

In den kommenden Tagen und Wochen können wir uns nicht mit Deklarationen
zufrieden geben: Wir müssen auch auf der Straße und im öffentlichen Raum
zeigen, dass wir diese Kämpfe fortführen, dass wir es nicht hinnehmen, dass
uns Bürgerrechte und demokratische Freiheiten genommen werden, weder von den
Terroristen noch von unseren Regierungen.

 

 

Sekretariat der LCR/SAP, 23. November 2015

 

------------ KASTEN -----------------------------------------------

 

ERGÄNZUNG AUF "INTERNATIONAL VIEWPOINT" DURCH EINEN KORRESPONDENTEN VON
LCR/SAP

 

Nachdem die Klimademonstration, die am 29. November in Paris stattfinden
sollte, von den französischen Behörden untersagt wurde, hat das belgische
Klimabündnis die Genehmigung einer Demonstration in Brüssel beantragt;
vorher war geplant, dass am Sonntag, den 29.11., über 9000 Menschen aus
Belgien mit Zügen oder Bussen nach Paris fahren. Wegen der "Stufe 4"
["ernste und unmittelbare Bedrohung"] und des Verbots aller großen (und
kleinen...) öffentlichen Veranstaltungen in Brüssel wurde das abgelehnt.

Als "Plan C" wurde dann von dem belgischen Klimabündnis die Genehmigung
einer Demonstration in Ostende [Flandern] beantragt. Heute ist auch das
abgelehnt worden, mit der Begründung, wegen der Verstärkung der Sicherheit
in Brüssel in dieser Woche (500 PolizeibeamtInnen aus allen kleineren
Städten des Landes wurden in die Hauptstadt abgeordnet) könnten keine
Demonstrationen unter sicheren Bedingungen stattfinden. Damit haben wir in
Belgien faktisch ein totales Demonstrationsverbot ...

 

25. November 2015

 

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[1] Organe de coordination pour l'analyse de la menace --
Koordinationsgremium für die Analyse der Bedrohung (durch Terrorismus und
Extremismus), 2006 gebildetes Gremium verschiedener belgischer
Sicherheitsbehörden.

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