[IPK] Konflikt zwischen Putschisten im Sudan

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Di Apr 25 20:22:43 CEST 2023


Sudan:

Konflikt zwischen Putschisten im Sudan
Online unter: https://www.inprekorr.de/618-sudan-pm.htm

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Im Sudan finden heftige Kämpfe zwischen der Armee und paramilitärischen
Gruppen statt. Sie führen einen gnadenlosen Krieg um die Kontrolle des
Landes und gefährden die Verhandlungen über die Bildung einer
Zivilregierung.

 

 

Von Paul Martial

 

 

Gemeinsam hatten sie [2021] die Zivilregierung gestürzt, die aus der
sudanesischen Revolution hervorgegangen war, die das Regime von Omar
al-Bashir beendete. Keine drei Jahre später haben sich die schon länger
bestehenden Rivalitäten zwischen Abdel Fattah al-Burhan, dem Chef der
regulären Truppen, den sudanesischen Streitkräften (SAF) und der
paramilitärischen Gruppe Rapid Support Forces (RSF) unter der Führung von
Mohamed Hamdan Dogolo, bekannt als Hemidti, in einen offenen und tödlichen
Konflikt verwandelt.

 

 

EIN KRIEG, DER SICH AUSWEITET

 

Die beiden Lager kämpfen mit schweren Waffen um strategische Positionen in
der sudanesischen Hauptstadt Khartum. Die RSF versuchen, die offiziellen
Medien, den Präsidentenpalast und den Flughafen einzunehmen. Die SAF
hingegen zögert nicht, die Luftwaffe einzusetzen, um die RSF-Lager in den
verschiedenen Wohngebieten zu bombardieren.

 

Die Bewohner*innen haben keine andere Wahl, als zu Hause zu bleiben und zu
hoffen, dass die Granaten nicht ihre Häuser treffen. Dutzende Zivilisten
wurden bereits getötet und Hunderte verletzt.

 

Die Befürchtungen, dass sich der Konflikt im ganzen Land ausbreiten wird,
haben sich bereits bestätigt. Die Kämpfe finden auch in mehreren anderen
Großstädten statt, in Port Sudan, Kabkabiya in Nord-Darfur, El Obeid in
Nord-Kordofan, Zalingei in Zentral-Darfur und auch in El Geneina, der
Hauptstadt von West-Darfur.

 

 

PARAMILITÄRISCHE GEWALT

 

Die RSF gingen aus den Dschandschawid hervor. Diese Milizen wurden während
des Darfur-Konflikts vor zwanzig Jahren von Omar al-Bashir häufig zur
Verbreitung von Terror eingesetzt. Dies führte dazu, dass Bashir vom
Internationalen Strafgerichtshof wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit
angeklagt wurde. Unter der Führung von Hemidti halfen die Dschandschawid
beim Aufbau der paramilitärischen Gruppe RSF. Letztere kontrollieren die
Goldminen des Landes, so dass ihr Anführer einer der reichsten Männer im
Sudan wurde. Die RSF fungierte auch als Grenzschutz. Sie waren in
Menschenhandel verwickelt. Migrant*innen, die versuchten, die Grenze zu
überqueren, haben sie verhaftet und an libysche Milizen verkauft. Auf
Anforderung Saudi-Arabiens und der Vereinigten Arabischen Emirate spielte
die RSF im Krieg im Jemen gegen die Huthis die Rolle von bezahlten Söldnern.

 

Wenn Hemidti in den letzten Monaten nicht aufgehört hat, den von ihm mit
ausgeführten Staatsstreich zu kritisieren, und die Zivilbevölkerung aufruft,
ihn zu unterstützen, hat niemand vergessen, dass die RSF für das Massaker am
Sit-in vom 3. Juni 2019 verantwortlich waren, bei dem mehr als hundert
Demonstrant*innen ermordet wurden, und weiterhin umfassend an der
Unterdrückung von Gegner*innen beteiligt sind.

 

 

WAS STEHT IN DEM KONFLIKT AUF DEM SPIEL?

 

Paradoxerweise war es die monatelang zwischen dem Militär und einem Teil der
demokratischen Kräfte ausgehandelte Vereinbarung, die Macht an
Zivilist*innen zu übergeben, die den Konflikt entfachte. Ein erstes
Rahmenabkommen war unterzeichnet worden. Dieses Abkommen ließ einige
wichtige Fragen ungelöst, darunter die Integration der RSF in die SAF.
Burhan schlug eine schrittweise Integration vor, während Hemidti im
Gegenteil darauf abzielte, die RSF als solche zu integrieren. Dies hätte es
ihm erlaubt, weiter eine Schlüsselrolle im Sudan zu spielen. Seine
Ambitionen, an der Spitze des Landes zu stehen, hat er nie verheimlicht.
Eine Art Rache dieses ehemaligen Kamelhändlers aus Darfur. Gleichzeitig war
ein Teil der SAF unter der Leitung von General Shams el-Din Kabbashi mit dem
Verhandlungsprozess mit den Zivilist*innen nicht zufrieden. Schließlich
konnten die islamistischen Offiziere Hemidti etwas nie verzeihen, was sie
als Verrat betrachteten. Hemidti hatte sich geweigert, Omar al-Bashir bis
zum Ende zu unterstützen, als seine Macht 2019 unter Druck der Straße
wankte.

 

Die Ereignisse können auch als Bestätigung für die Bedeutung der Position
der Widerstandskomitees angesehen werden. Sie haben sich immer geweigert,
mit einer Militärmacht zu verhandeln, die seit der Unabhängigkeit des Landes
nicht aufgehört hat, Staatsstreiche durchzuführen und ihre eigenen Zusagen
zu verraten.

 

Erinnern wir uns daran, dass Burhan und Hemidti ihren Putsch damit
gerechtfertigt hatten, dass sie verhindern wollten, dass das Land ins Chaos
stürzt.

 

 

19. April 2023

 

Quelle: l’Anticapitaliste

 

Übersetzung: Björn Mertens

 

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Aus: die internationale (Online-Ausgabe) Nr. 3/2023 

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