[IPK] Die Wahl von Trump: Deutlicher Sieg für die Republikaner, jetzt beginnt der Widerstand
Inprekorr-Webmaster
webmaster at inprekorr.de
Fr Nov 15 20:35:47 CET 2024
USA:
Die Wahl von Trump: Deutlicher Sieg für die Republikaner, jetzt beginnt der
Widerstand
Online unter: https://www.inprekorr.de/638-usa-dlb.htm
-------------------------------------------------------------------
Von Dan La Botz
Donald J. Trump hat einen entscheidenden Sieg für sich und die
Republikanische Partei errungen: Er hat die Präsidentschaft, den Senat und
anscheinend auch das Repräsentantenhaus übernommen, während Trumps
Ernennungen in seiner ersten Amtszeit den Obersten Gerichtshof so
umgestaltet haben, so dass der ihn voll und ganz unterstützt. Trump und die
Republikanische Partei kontrollieren somit alle drei Gewalten des Staats,
was ihm die Macht gibt, sein rechtes Programm umzusetzen und die Vereinigten
Staaten zu transformieren und möglicherweise ihr demokratisches System zu
demontieren und bürgerliche Freiheiten zu unterdrücken.
Trump gewann nicht nur die Mehrheit des Wahlkollegiums mit 312 zu 226
Stimmen, sondern bei dieser dritten Wahl auch zum ersten Mal die Mehrheit
der Stimmen der Bevölkerung mit 74,6 Millionen Stimmen zu 70,9 Millionen.
Die Republikaner gewannen drei Sitze im US-Senat hinzu – West Virginia, Ohio
und Montana –, was ihnen die Mehrheit verschafft und die vier Jahre dauernde
Kontrolle durch die Demokratische Partei beendete. Die Stimmen für das
Repräsentantenhaus werden noch ausgezählt, aber die Republikaner haben
wahrscheinlich auch dort gewonnen.
Trumps Gesamtstimmenergebnis war nicht erdrückend, aber er hatte die
anhaltende Unterstützung seiner Basis aus älteren, besser gestellten weißen
Wähler:innen, von Wähler:innen aus den Vorstädten und auf dem Land, und fand
auch neue Unterstützung unter den Wähler:innen der Arbeiterklasse, der
Schwarzen, der Latinos und Latinas und der Frauen. Er gewann die Stimmen von
56 Prozent der Menschen ohne College-Bildung, 13 Prozent der schwarzen
Wähler:innen und 46 Prozent der Latino-Stimmen. Er erhielt 45 % der Stimmen
aus Haushalten mit Gewerkschaftsmitgliedern.
Die Kandidatin der Demokratischen Partei, Kamala Harris, gewann weniger
Stimmen als Präsident Joe Biden bei der Wahl 2020, darunter auch weniger
Stimmen von Frauen und schwarzen Wähler:innen. Für viele Menschen waren die
Wohnungs- und Lebensmittelpreise zu hoch, während andere von Trumps
rassistischer, sexistischer und fremdenfeindlicher Botschaft sogar motiviert
waren. Hunderttausende Wähler:innen der Demokratischen Partei blieben in
mehreren Bundesstaaten wie Ohio einfach der Wahl fern. Trump erhielt
landesweit in 9 von 10 Bezirken mehr Stimmen Es gab zwar keine allgemeine
Neuausrichtung, aber eine Verschiebung nach rechts im ganzen Land.
Wie Experten feststellten, hat Trump nun für die Republikanische Partei eine
Basis in der arbeitenden Klasse quer über alle Hautfarben geschaffen.
Jahrzehntelang behaupteten die Demokraten, sie seien die Partei der
Arbeiterklasse, jetzt haben die Republikaner ihnen diesen Titel abgenommen.
Warum haben die Demokraten verloren? Wie Bernie Sanders unmittelbar nach der
Wahl schrieb: „Es sollte keine große Überraschung sein, dass eine
Demokratische Partei, die die Arbeiterklasse im Stich gelassen hat, jetzt
feststellen muss, dass die Arbeiterklasse sie im Stich gelassen hat. Früher
war es die weiße Arbeiterklasse, und jetzt sind es auch lateinamerikanische
und schwarze Arbeiter:innen. Während die Führung der Demokraten den Status
quo verteidigt, ist das amerikanische Volk wütend und will Veränderung. Und
es hat recht.“
Nach der verlorenen Wahl stehen die Demokraten vor einer Identitäts- und
Ideologiekrise. Bernie Sanders fragte: „Werden die Finanzwelt und
hochbezahlten Berater, die die Demokratische Partei kontrollieren, aus
diesem katastrophalen Wahlkampf irgendwelche wirklichen Lehren ziehen?
Wahrscheinlich nicht.“
Die Parteiführung orientiert weiter auf die Mitte, aber viele wollen, dass
sich die Partei nach links, in Richtung der Arbeiterklasse, bewegt.
Die meisten Progressiven wählten trotz ihrer Enttäuschung die Demokraten.
Andere wählten linke Parteien, jedoch ohne großen Erfolg. Die Ärztin Jill
Stein [https://de.wikipedia.org/wiki/Jill_Stein], Präsidentschaftskandidatin
der Grünen, erhielt nur 685 149 Stimmen (0,5 %), während der schwarze
Theologe Cornel West [https://de.wikipedia.org/wiki/Cornel_West] noch
weniger bekam. Auch die Linke wird ihre Wahlstrategie überdenken müssen.
TRUMP ÜBERNIMMT DAS KOMMANDO – UND DER WIDERSTAND HAT BEGONNEN
Der designierte Präsident Donald J. Trump behauptete in seiner Siegesrede:
„Amerika hat uns ein beispielloses und mächtiges Mandat erteilt.“ Obwohl
dies nicht wahr ist – Obama hatte 2008 mit 53 % der Stimmen und 365
Wahlleuten einen viel größeren Sieg errungen –, wird Trump dennoch
versuchen, als Autokrat zu regieren und der Nation seinen Willen
aufzuzwingen. Ob seine autoritären Pläne zum Faschismus führen werden,
bleibt abzuwarten, aber die breite Linke beginnt Widerstand zu leisten.
Wir können erwarten, dass er seine Versprechen sowohl gegenüber seiner
Arbeiter- und Mittelschichtbasis als auch gegenüber seinen
milliardenschweren Partnern wie dem Tech-Mogul Elon Musk und Amazon-Chef
Jeff Bezos einhält.
Er hat den arbeitenden Menschen versprochen, dass er die Grenze schließen
und eine Massenabschiebung von Einwanderer:innen ohne Papiere durchführen
wird, von denen er behauptete, dass sie den Amerikaner:innen die
Arbeitsplätze wegnehmen und Gewalt in ihre Wohnviertel bringen würden. Es
gibt jetzt 22 000 Grenzschutzbeamt:innen. Die Abdichtung der 3145 Kilometer
langen Grenze zwischen den USA und Mexiko erfordert mehr als die derzeitigen
22 000. Trump sagt, er werde die Nationalgarde mobilisieren, um den
Grenzschutz zu ergänzen, aber dafür würde er die Zustimmung der Gouverneure
der Bundesstaaten benötigen, und nicht alle sind dazu bereit.
Trump versprach, die schätzungsweise 12 Millionen Einwanderer:innen ohne
Papiere abzuschieben, aber sie zusammenzutreiben und abzuschieben, wäre eine
enorme Aufgabe, die Millionen kosten und viel mehr als die vorhandenen 21
000 Beamt:innen der US-Einwanderungs- und Zollbehörde (ICE) erfordern würde.
Familien werden entwurzelt und auseinandergerissen werden, und es wird
Widerstand geben. Diese Politik hätte enorme und katastrophale Auswirkungen
auf die US-Wirtschaft, da viele Einwanderer:innen auf dem Bau, in Hotels und
Restaurants, in der Alten- und Kinderbetreuung, in der Reinigung, im
Gartenbau, in der Landwirtschaft und in anderen Branchen arbeiten.
Trump plant, mehr Kontrolle über die US-Behörden zu erlangen; zunächst will
er den Schutzstatus des öffentlichen Dienstes für Hunderttausende von
Bundesangestellten beenden, die dann zu „at-will employees“ werden und
jederzeit entlassen werden können. Er sagt, er werde das Justizministerium
umgestalten und es nutzen, um gegen seine politischen Feinde vorzugehen.
Auf wirtschaftlichem Gebiet hat Trump neue Steuersenkungen versprochen, und
zweifellos werden sie wie schon 2017 für die Reichen am größten sein. Wenn
er dies tut, würde es die Regierung in den nächsten zehn Jahren 4 Billionen
Dollar an Einnahmen kosten. Er hat auch angekündigt, er werde die Steuern
auf die Social security (Renten) der arbeitenden Bevölkerung und die Steuern
für Beschäftigte, die Trinkgeld erhalten, senken.
Trump schlägt Zölle von 10 Prozent auf die meisten Waren vor, aber von bis
zu 60 Prozent auf chinesische Produkte und sogar 200 Prozent auf chinesische
Autos. Solche Zölle würden die Preise für Amerikaner:innen in die Höhe
treiben und auch Welthandel und Investitionen stören.
Trump will die Klimapolitik von Präsident Joe Biden rückgängig machen, indem
er die Subventionen für grüne Energie kürzt und Erdölunternehmen Anreize
bietet, nach Öl zu bohren. Und er wird Bidens gewerkschaftsfreundliche
Politik rückgängig machen.
Der Widerstand gegen Trump, der sich erstmals mit dem Women’s March bei
seiner Amtseinführung 2016 zeigte, ist wieder aufgelebt. Nach seiner Wahl
fanden von Linken angeführte Demonstrationen von Hunderten in Seattle,
Portland, Berkeley, Milwaukee, Chicago und Philadelphia statt. Am 9.
November demonstrierten mehr als tausend Gewerkschafts-, Umwelt-,
Feministinnen- und Immigrantenorganisationen in New York City.
Ein neues landesweites Bündnis von über 200 Organisationen hat sich
gebildet, angeführt von der Working Families Party, Seed the Vote, Movement
for Black Lives und Showing up for Racial Justice. Die Gruppe veranstaltete
eine Massenkonferenz/Livestream mit dem Titel „Making Meaning in the
Moment“, an dem 140 000 Menschen teilnahmen und zusahen.
In einem Beitrag hieß es: „Die allgemeine Stimmung war für umfassenden
Widerstand gegen eine Trump-Regierung und die Neuausrichtung der
Progressiven auf eine alle Rassen und Geschlechter einschließende
Arbeiterklasse.“
Sollte die Protestbewegung auf den Straßen massiv werden, hat Trump gesagt,
er sei bereit, den Insurrection Act von 1792 (ein Notstandsgesetz) zu
aktivieren, das den Präsidenten ermächtigt, das US-Militär im Inland
einzusetzen, um Rebellionen oder innere Gewalt zu unterdrücken.
Trump ist ein Autoritärer. Wird er eine faschistische Partei und einen
faschistischen Staat schaffen? Wir werden die Entwicklungen beobachten.
Quelle: International Viewpoint
[https://internationalviewpoint.org/spip.php?article8737], 12. November 2024
Dan La Botz [https://en.wikipedia.org/wiki/Dan_La_Botz] war
Gründungsmitglied der Teamsters for a Democratic Union (TDU) und ist
Mitglied der US-amerikanischen Organisation Solidarity
[https://solidarity-us.org/]. Er ist Autor von /Rank-and-File Rebellion:
Teamsters for a Democratic Union/ (1990). Er ist Mitglied im
Redaktionskollektiv der marxistischen Vierteljahreszeitschrift /New
Politics/ [https://newpol.org/].
-------------------------------------------------------------------
Aus: die internationale (Online-Ausgabe) Nr. 1/2025
Nachdruck gegen Quellenangabe und Belegexemplar erwünscht
Bestellungen: die internationale, Regentenstr. 57-59, 51063 Köln
E-Mail: vertrieb(at)inprekorr.de
Einzelheft: 5 EUR; Schnupperabo: Ein halbes Jahr für 10 EUR
Jahresabo: 25 EUR (Inland), 15 EUR (ermäßigt), E-Abo 50%
Artikel im Internet: https://www.inprekorr.de
-------------------------------------------------------------------
-------------- nächster Teil --------------
Ein Dateianhang mit HTML-Daten wurde abgetrennt...
URL: <https://listen.jpberlin.de/pipermail/inprekorr-l/attachments/20241115/fc508ffa/attachment.htm>
Mehr Informationen über die Mailingliste Inprekorr-l