[MD Presse] [PM] Mehr Transparenz für Bremen – Bürgerschaft will heute neues Informationsfreiheitsgesetz beschließen

Dirk Schumacher - Mehr Demokratie e.V. dirk.schumacher at mehr-demokratie.de
Mi Apr 22 12:41:28 CEST 2015


Mehr Demokratie e.V.
Landesverband Bremen/Niedersachsen

Pressemitteilung 07/2015
Bremen, den 21. April 2015

Mehr Transparenz für Bremen – Bürgerschaft will heute neues Informationsfreiheitsgesetz beschließen
Transparenz-Bündnis: Reform ist ein guter Schritt – Bremen bundesweite jetzt auf zweitem Rang

Die bremische Bürgerschaft will heute eine Reform des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) beschließen. In dem 2006 erstmalig in Kraft getretenen Gesetz wird der Zugang zu amtlichen Informationen und Dokumenten geregelt. In dem Gesetzesentwurf von SPD und Grünen sind deutliche Verbesserungen gegenüber dem aktuell gültigen Gesetz enthalten. Tim Weber von Mehr Demokratie: „Bremen wird transparenter, im neuen IFG gibt es deutliche Fortschritte zu vermelden!“ Weber verweist auf die Arbeit des Transparenzbündnisses aus Humanistischer Union, Transparency International Bremen und Mehr Demokratie der letzten drei Jahre, die nun Früchte getragen habe. „Bremen wird transparenter, hoffentlich zieht Niedersachsen bald nach.“ Deutliche Kritik äußert das Bremer Bündnis für Transparenz und Informationsfreiheit aber daran, dass für Universitäten und Hochschulen die Regeln des neuen IFG nur eingeschränkt gelten.

Im neuen IFG wird der bisherige Anspruch auf Informationszugang zu einem einklagbaren Anspruch auf Veröffentlichung amtlicher Informationen und Dokumente im Informationsregister. Auch die Liste der auf Antrag oder im Informationsregister zu veröffentlichenden Informationen und Dokumente ist erweitert worden. Aus der bisherigen Formulierung, dass Behörden Informationen in das Informationsregister einstellen „sollen“ ist ein „muss“ geworden. Auch habe die Veröffentlichung zukünftig zeitnah zu erfolgen. Und anders als bisher seien nicht nur Verträge der Daseinsvorsorge im IFG erfasst, sondern alle Verträge ab einem bestimmten Vertragswert. Wie bisher werden Verträge, die die Daseinsvorsorge betreffen, nur auf Antrag veröffentlicht und nicht automatisch in das Informationsregister eingestellt. Das sei aber weitestgehend unproblematisch, denn sobald auf Antrag ein Informationszugang gewährt wurde, werden diese Informationen auch in das Register eingestellt. Neu ist, dass alle Verträge ab 50.000 Euro und alle Vergütungsverträge über die Erstellung von Gutachten ab 5000 Euro auf Antrag veröffentlicht werden.

Bisher eher schwammig formulierte Ausnahmen wie z.B. Betriebsgeheimnisse seien nun sehr viel deutlicher definiert. Schlupflöcher, die in der Vergangenheit Veröffentlichungen verhindert haben, werden so geschlossen. Im §11 des neuen Bremischen IFG, dem Herzstück des Gesetzes, ist die Liste der zu veröffentlichenden Informationen deutlich erweitert worden. Erfasst von der Veröffentlichungspflicht sind zukünftig z.B. auch Studien, Subventions- und Zuwendungsvergaben, Baugenehmigungen und -vorbescheide (mit Ausnahme von reiner Wohnbebauung mit maximal fünf Wohneinheiten) sowie wesentliche Unternehmensdaten städtischer Beteiligungen einschließlich einer Darstellung der jährlichen Vergütungen und Nebenleistungen für die Leitungsebene. „Sehr erfreulich ist, dass Transparenz in Bremen kein Verfallsdatum mehr hat“ kommentiert Wolfgang Frauenkron von Transparency Bremen die Tatsache, dass das neue Bremer IFG zukünftig unbefristet gilt. Bisher war das Gesetz immer nur einige Jahre gültig.

Kritik gibt es vom Transparenzbündnis an der mangelhaften Einbeziehung von Universitäten und Hochschulen im reformierten IFG. Das neue Gesetz enthalte zwar einen Verweis auf das Hochschulgesetz, wo die Veröffentlichung von Verträgen und Daten über Drittmittelforschung kürzlich neu geregelt wurde. So gelten die Regeln des neuen IFG nur für die Verwaltungstätigkeit der Hochschulen. Thomas von Zabern von der Humanistischen Union hält diese Bestimmung aber für unzureichend: „Im Sponsoringsbericht 2014 wird deutlich, dass Universität Bremen und Kunsthochschule weiterhin ihre Sponsoren verheimlichen. Im Gegensatz dazu veröffentlicht die Hochschule Bremen alle Spender und Sponsoren. Dies ist ein Beispiel dafür, dass unsere Forderung auch die Universitäten vollständig in den Geltungsbereich des IFG aufzunehmen, berechtigt ist und die jetzige Regelung im Hochschulgesetz unzureichend ist.“ Von Zabern kritisiert weiter, dass das IFG für den Verfassungsschutz nicht gelte. Mit Blick auf die NSU-Mordserie sei es wichtig, dass auch für den Verfassungsschutz Transparenzregeln gelten. Geheimhaltungsbedürftige Belange des Verfassungsschutzes wären durch die Ausschlussregelungen des IFG trotzdem geschützt. Ähnliches fordert nach Angaben des Bremer Transparenzbündnisses z.B. die Konferenz der Informationsfreiheitsbeauftragten. 

Darüber hinaus bedauert das Bündnis, dass die Veröffentlichung von Rohdaten nicht im neuen Bremischen IFG geregelt ist. Damit wäre z.B. ermöglicht worden, öffentliche Daten für Internetseiten oder Apps so aufzubereiten, dass diese Daten für die Öffentlichkeit nutzbar werden. „Open Data spielte leider keine Rolle, Bremen verspielt hier die Möglichkeit, bundesweit Vorreiter zu werden“ bedauert von Zabern.

Das Bremer Bündnis für Transparenz und Informationsfreiheit entstand 2012, nachdem in Hamburg aufgrund einer erfolgreichen Volksinitiative ein innovatives Transparenzgesetz beschlossen wurde. Dieses löste bundesweit Reformbestrebungen aus, unter anderem in Bremen. Das Bündnis, bestehend aus den Bremer Organisationen Humanistische Union, Transparency International und Mehr Demokratie wertete die bisherigen Erfahrungen mit dem Gesetz aus und führte Gespräche mit Politik und Verwaltung. Dies mündete im Sommer 2013 in einem eigenen Gesetzentwurf, den das Bündnis wiederum den Bürgerschaftsfraktionen vorstellte.

Für Rückfragen: Tim Weber, 0177-4059129 oder Thomas von Zabern, 0421-5970730 

Dirk Schumacher
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