[MD Presse] PM Mehr Demokratie: Referendum in Griechenland – spät aber richtig
Neelke Wagner
zeitschrift at mehr-demokratie.de
Di Jun 30 15:41:57 CEST 2015
Mehr Demokratie e.V.
Bundesverband
Pressemitteilung 15/15
29.06.15
Mehr Demokratie: Referendum in Griechenland – spät aber richtig
Am kommenden Sonntag sollen die Griechinnen und Griechen über die
Sparauflagen der Troika abstimmen und damit entscheiden, ob das
Kreditprogramm für ihr Land verlängert wird. Ministerpräsident Alexis
Tsipras hatte das Referendum am Wochenende angekündigt, das griechische
Parlament verabschiedete ein entsprechendes Gesetz in der Nacht zum
Sonntag. „Im Prinzip ist ein Referendum über die Reformen der richtige
Weg. Griechenland stehen weitere schmerzliche Einschnitte bevor. Diese
werden nur mit den Bürgerinnen und Bürgern durchzustehen sein, nicht
gegen sie“, meint die Vorstandssprecherin von Mehr Demokratie, Claudine
Nierth.
Die griechische Verfassung sieht im Artikel 44 vor, dass das Parlament
in besonders wichtigen nationalen Fragen eine Volksabstimmung ansetzen
kann. Wenn der Präsident die notwendige Zustimmung erteilt, ist der Weg
für einen Volksentscheid frei. Kritisch sieht Nierth allerdings, dass
Ministerpräsident Tsipras seine Landsleute direkt auffordert, mit „Nein“
zu stimmen. Außerdem ist bis jetzt unklar, worüber die Bevölkerung am
Sonntag eigentlich abstimmen soll, denn die Gläubiger haben ihr Angebot
zurückgezogen, nachdem die Verhandlungen abgebrochen wurden. „Ein so
kurzfristig angesetztes Referendum, das den Menschen kaum Zeit lässt
abzuwägen, noch dazu verbunden mit einer direkten Stimmempfehlung, ist
ein demokratisch eingeschränkter Prozess“, sagte Nierth. „Die Qualität
einer Entscheidung hängt von der Qualität des Prozesses ab, der zur
Entscheidung führt. Hier müssen die Griechen jetzt sprinten“.
Sie kritisierte zugleich die Troika, die Griechenland den Aufschub bis
zum Tag des Referendums verweigert. „Sie sollten den in der griechischen
Verfassung angelegten demokratischen Weg, eine Volksabstimmung
abzuhalten, respektieren“. Bereits im November 2011 hatte der damalige
Ministerpräsident Georgios Papandreou ein Referendum über das
EU-Hilfspaket und den damit verbundenen Sparkurs abhalten wollen. Er
beugte sich wenige Tage später dem Widerstand der anderen Euro-Staaten
und begrub das Vorhaben.
Die Volksabstimmung wäre das erste Referendum seit 1974. Damals stimmte
eine Mehrheit der Griechen dafür, die parlamentarische Demokratie
einzuführen und die Monarchie abzuschaffen. Insgesamt fanden im 20.
Jahrhundert sieben Referenden statt, wobei es bei fast allem um Fragen
der Monarchie ging. Am Referendum müssen sich 40 Prozent der
Wahlberechtigten beteiligen, damit eine Mehrheitsentscheidung gültig
ist. Eigene Vorschläge per Volksinitiative zu unterbreiten und zur
Abstimmung zu bringen, ist den Griechinnen und Griechen verwehrt.
Stellv. Pressesprecherin Neelke Wagner
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