[Presseverteiler] PM Rote Hilfe e.V.: 129b-Prozess gegen kurdischen Aktivisten in Stuttgart/Urteilsverkündung am 13. Oktober 2016
buvo-presse at rote-hilfe.de
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Mo Okt 10 16:46:29 CEST 2016
129b-Prozess gegen kurdischen Aktivisten in Stuttgart: Urteilsverkündung
am 13. Oktober 2016
Aufruf zur Prozessbeobachtung+++Pressekonferenz nach
Urteilsverkündung+++
Am 13. Oktober 2016 geht vor dem Oberlandesgericht Stuttgart der
129b-Prozess gegen den kurdischen Aktivisten Ali Ö. zuende, der
angeklagt ist, als Gebietsleiter für die PKK tätig gewesen zu sein.
Konkrete Straftaten werden ihm nicht zur Last gelegt; dennoch fordert
die Staatsanwaltschaft 4 Jahre und sechs Monate Haft.
Im Prozess gegen Ali Ö., der im Dezember 2015 begann, zeigt sich erneut
der unbedingte Verfolgungswille des deutschen Staates gegenüber der
kurdischen Linken: selbst der Staatsanwalt räumte ein, dass sämtliche
Aktivitäten, die dem Angeklagten vorgeworfen werden, sich im Rahmen
einer alltäglichen Vereinsarbeit bewegen und als solche nicht strafbar
sind. Vorgeworfen werden Ali Ö. beispielsweise die Organisierung von und
die Teilnahme an Kundgebungen und kurdischen Kulturveranstaltungen,
häufige Besuche in Vereinen sowie Spendensammlungen in dreistelliger
Höhe. Doch mit dem "Antiterrorgesetz" 129b hat sich der deutsche Staat
eine Allzweckwaffe geschaffen, mit der auch völlig legale Handlungen
kriminalisiert werden können, wenn sie in Verbindung zu einer als
"terroristisch" gebrandmarkten Organisation wie der PKK stehen.
Für die realen Abläufe zeigte das Gericht wenig Interesse, denn von
vornherein stand fest, dass der Angeklagte verurteilt werden sollte:
Beweisanträge der Verteidigung wurden pauschal abgelehnt, die von den
AnwältInnen vorgeschlagenen ZeugInnen nicht vorgeladen, und in mehreren
Fällen übernahm das Gericht plötzlich die Rolle der Staatsanwaltschaft,
um den Angeklagten zusätzlich zu belasten. Dem entsprechend bezeichnete
Rechtsanwalt Martin Heiming in seinem Abschlussplädoyer das gesamte
Verfahren als Farce, da der Schuldspruch schon vor Verhandlungsbeginn
festgestanden habe.
Ali Ö. selbst wurde seit seiner Festnahme brutalen Sonderhaftbedingungen
in Stuttgart-Stammheim unterworfen. Trotz eineinhalbjähriger
Isolationshaft mit nur einer Stunde Einzelhofgang am Tag konnten die
Repressionsorgane den Willen des betroffenen Genossen jedoch nicht
brechen. Auch in der Außenwirkung waren die Verhandlungstage geprägt von
absurden Sicherheitsvorkehrungen: alle ProzessbesucherInnen wurden
durchsucht, ihre Ausweise kopiert und sämtliche Gegenstände in
Verwahrung genommen, um solidarische UnterstützerInnen abzuschrecken.
Der Angeklagte wurde immer nur während der Anwesenheit der RichterInnen
kurzzeitig von den Handschellen befreit und selbst in zehnminütigen
Verhandlungspausen gefesselt in eine Zelle gesperrt.
Erneut zeigt sich hier die bedingungslose Bereitschaft der deutschen
Repressionsorgane, dem diktatorischen Erdogan-Regime durch die
Verfolgung der kurdischen Bewegung einen Freundschaftsdienst nach dem
anderen zu erweisen. Die flächendeckende Kriminalisierung von kurdischen
Kulturveranstaltungen und politischen Versammlungen beweisen, dass die
deutschen Behörden die von der Türkei vorgegebene Gleichung "Kurde = PKK
= Terrorist" unter Verzicht auf rechtsstaatliche Minimalstandards
umsetzen.
Für den 13. Oktober rufen wir zur Beobachtung des letzten Prozesstags
auf. Die Urteilsverkündung findet um 10 Uhr im Oberlandesgericht
Stuttgart, Olgastr. 2, Stuttgart statt. Im Anschluss findet eine kurze
Pressekonferenz vor dem Gebäude statt.
Die Rote Hilfe e.V. setzt sich für die sofortige Abschaffung der
Gesinnungsparagraphen 129a/b ein und fordert die Freilassung aller
politischen Gefangenen der kurdischen und türkischen linken
Exilopposition.
H. Lange
für den Bundesvorstand der Roten Hilfe e.V.
Rote Hilfe e.V.
Bundesgeschäftsstelle
Postfach 3255
37022 Göttingen
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