[Presseverteiler] PM Rote Hilfe e.V.: G20-Prozesse in Hamburg gestartet: Erste Urteile fallen unverhältnismäßig hoch aus
buvo-presse at rote-hilfe.de
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Di Aug 29 19:02:32 CEST 2017
G20-Prozesse in Hamburg gestartet: Erste Urteile fallen
unverhältnismäßig hoch aus
Die ersten beiden Verhandlungen nach dem G20-Gipfel in Hamburg haben
stattgefunden und machen erwartungsgemäß deutlich, dass die Repression
gegen linke Aktivist*innen auch nach dem Gipfel fortgesetzt wird.
Bereits am Montag wurde ein 21-jähriger Niederländer für zwei
Flaschenwürfe auf einen Berliner Polizeibeamten zu zwei Jahren und
sieben Monaten Haft verurteilt. Die Vorwürfe: Landfriedensbruch,
gefährliche Körperverletzung, Widerstand gegen und Angriff auf
Vollstreckungsbeamte. Begangen haben soll er die Tat am Abend des 6.
Juli während der Ausschreitungen im Hamburger Schanzenviertel. Der als
besonders rigoros berüchtigte Richter Johann Krieten am Amtsgericht
Hamburg liegt mit dem Urteilsspruch ganze zehn Monate über dem Antrag
der Staatsanwaltschaft.
Am heutigen Tag wurde im zweiten G20-Prozess ein 24-jähriger Aktivist
aus Polen zu sechs Monaten auf Bewährung verurteilt. Der Richter sah
Verstöße gegen das Waffen- und das Sprengstoffgesetz als erwiesen an.
Außerdem habe der Aktivist gegen das Versammlungsgesetz verstoßen. Der
Betroffene soll am 8. Juli in der Hamburger Innenstadt mit einer
Schutzbrille, Murmeln, Reizgas, Feuerwerkskörpern sowie einer
Taucherbrille im Rucksack aufgegriffen worden sein. Problematisch daran
ist vor allem, dass er lediglich mit diesen Gegenständen im Rucksack
unterwegs war – wohin bleibt unklar. Nach Angaben der Polizei soll es
sich jedoch um eine Demonstration gehandelt haben. Beide Urteile sind
noch nicht rechtskräftig.
Die besonders hohe Strafzumessung insbesondere im ersten Fall passt in
das Gesamtbild der zum G20-Gipfel angewandten Repression: Vor- und
Nachkontrollen, Besuche des VS, Gefährderansprachen, trotz
anderslautender Gerichtsbeschlüsse Verhinderung und Drangsalieren der
Protestcamps und rohe Polizeigewalt sollten jeglichen Protest im Keim
ersticken und unmöglich machen. Durch martialische Verlautbarungen aus
herrschender Politik und Behörden sollten Aktivist*innen vorab
eingeschüchtert und Bürger*innen von der Gefährlichkeit der
Demonstrant*innen überzeugt werden. Im Nachgang wird versucht, die
nachweisbare Polizeigewalt zu rechtfertigen, sie klein- und wegzureden
sowie die Ereignisse am Rande des Gipfels für den Wahlkampf
auszuschlachten und der linken Bewegung empfindliche Schläge zuzufügen –
etwa durch das Verbot des Internetportals linksunten.indymedia.org.
Noch immer befinden sich 26 weitere Aktivist*innen in Untersuchungshaft.
Auch ihre Prozesse werden nicht lang auf sich warten lassen und
höchstwahrscheinlich hohe Strafen nach sich ziehen. Insgesamt ermittelt
die extra eingerichtete Soko „Schwarzer Block“ nach eigenen Angaben in
109 Fällen. Die Auswertung des umfangreichen Bild- und Videomaterials
dürfte jedoch noch einige weitere Verfahren mit sich bringen.
Es gilt, die Betroffenen nicht im Stich zu lassen. Organisiert Proteste!
Kommt zu den Prozessen! Schreibt den Gefangenen! Spendet zur
Unterstützung der Genoss*innen! Solidarität ist eine Waffe!
Mit freundlichen Grüßen,
Heiko Lange
Rote Hilfe e.V.
Bundesgeschäftsstelle
Postfach 3255
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