[Presseverteiler] PM Rote Hilfe e.V.: Prozessankündigung: Silvia Gingold gegen den hessischen Verfassungsschutz

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Mi Jan 4 15:39:55 CET 2017


Prozessankündigung: Silvia Gingold gegen den hessischen 
Verfassungsschutz

Am Donnerstag, den 12. Januar, um 10.30 Uhr, findet in Wiesbaden der
Prozess „Silvia Gingold gegen das Land Hessen“ statt (AZ.: 6K1153/16,
W1). Gingold klagt gegen den hessischen „Verfassungsschutz“ auf die
Beendigung ihrer fortgesetzten geheimdienstlichen Beobachtung und auf
die Vernichtung der diesbezüglichen Akten.

Als Tochter des jüdischen Resistancekämpfers Peter Gingold war sie in
den 70er Jahren eine der prominentesten Betroffenen des sogenannten
'Radikalenerlasses'. Dass ihr die Einstellung in den Staatsdienst
verweigert wurde, sorgte damals für internationale Empörung. Der
Inlandsgeheimdienst, der ihre Beobachtung nach eigenen Angaben
zwischenzeitlich eingestellt hatte, begann im Jahr 2007 mit ihrer
erneuten Überwachung.

Der angebliche Anlass war die Rede Gingolds bei einer Demonstration
gegen das später als grundrechtswidrig eingestufte Berufsverbot des
Heidelberger Lehrers Michael Csaszkóczy, dem sein antifaschistisches
Engagement als „staatsfeindliche Betätigung“ angelastet wurde. In dieser
Rede war sie auf die Erfahrungen ihrer Familie in der Zeit des
Faschismus eingegangen. Dazu merkt das hessische Innenministerium
höhnisch an: „Der Bezug zu ihrer 'eigenen Familiengeschichte' wirkt
dabei vordergründig, da sie sich erkennbar nicht nur auf die historisch
belegten personellen Kontinuitäten zwischen Staatsbediensteten des
Deutschen Reiches von 1933 bis 1945 bezieht, sondern diese Kontinuität
im Sinne des kommunistisch orientierten Antifaschismus auf die gesamte
politische und gesellschaftliche Ordnung der BRD bezieht“.

Seit dieser Rede wird jede Betätigung Silvia Gingolds wieder
geheimdienstlich beobachtet: Lesungen aus der Autobiografie ihres
Vaters, Äußerungen zum 40.Jahrestag des Radikalenerlasses,
friedenspolitische und gewerkschaftliche Aktivitäten.

Der deutsche Inlandsgeheimdienst fühlt sich trotz der öffentlich
gewordenen Verstrickungen mit dem NSU und der militanten Naziszene
offensichtlich unangreifbar. In der Verhandlung wird es nicht zuletzt
darum gehen, ob dem „Verfassungsschutz“ in der Verfolgung unliebsamer
Linker überhaupt noch irgendwelche Grenzen gesetzt sind.

Wir fordern zur aufmerksamen Beobachtung und öffentlichen Begleitung des
Gerichtsverfahrens auf.


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