[St-pauli-selber-machen] Fwd: Offener Brief an Nadja Maurer / Polizeiakademie Hamburg

Park Fiction Organisation organisation at park-fiction.net
Do Apr 21 17:04:05 CEST 2022


*Wie aus der Presse vielleicht bekannt, findet derzeit ein „Pilotprojekt 
St. Pauli: Partnerschaft zwischen Polizei und Quartier“ statt. In einem 
über mehrere Monate laufenden Workshop-Format will Nadja Maurer ab April 
„Po­li­zis­t:in­nen und Anwohner:innen“ zusammenbringen: „Von den 
Be­woh­ne­r:in­nen lernen Po­li­zis­t:in­nen ‚in Zivil‘ das Quartier und 
dessen Bedürfnisse kennen.“ Und, auf der anderen Seite: „Anwohnende 
begegnen der Polizei in nichtkonfliktiven Situa­tio­nen. Vorurteile und 
Misstrauen sollen abgebaut und Themen des Quartiers gemeinsam bearbeitet 
werden.“ Details dazu fasst sehr gut dieser Artikel in der taz zusammen:*

*https://taz.de/Polizeistrategie-in-Hamburg/!5835206/
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*Nun wurde, neben anderen "playern" im Stadtteil, auch Park Fiction 
angesprochen, sich daran zu beteiligen - oder doch bitte darzulegen, 
warum wir uns nicht daran beteiligen wollen. Unsere Antwort haben wir 
als Offenen Brief verfasst:
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*Offener Brief *


An:
Dr. Nadja Maurer
FOSPOL / Polizeiakademie Hamburg

Von:
Park Fiction Komitee


Hamburg, den 21. April 2022



Betr.:
Ihre Anfrage vom 6. April „Bürgerdialog mit der Polizei“


Sehr geehrte Frau Dr. Maurer,


auch wenn Sie uns nun als „relevante player“ des Stadtteils einstufen, 
bleiben wir dabei: wir legen keinen Wert auf eine Beteiligung an Ihrem 
Dialogverfahren mit der Polizei.

Um Ihrer Entpolitisierung der Diskussion entgegen zu arbeiten, haben wir 
uns entschieden, unsere Antwort als offenen Brief zu formulieren:

1. Falsche Akteure: Aufgabe der Polizei ist es, politische 
Entscheidungen durchzusetzen. In diesem Fall stehen Drogengesetze, das 
Ausländer- und Arbeitsrecht einer humanen und gerechten Lösung der 
Situation an der Balduintreppe im Wege. Mit der Polizei lässt sich keine 
legale Absprache treffen, die diese Situation ändern könnte, denn sie 
ist ausführendes Organ.

2. Ebenso ist die „Task Force Drogen“ von der Politik beschlossen, die 
extrem erhöhte Polizeibestreifung in Kombination mit dem Status als 
„Gefährlicher Ort“ suspendiert Grundrechte für ganz St. Pauli Süd, hat 
keines der Probleme gemildert, sondern neue produziert.

3. Community Policing statt Community Organizing: Bestenfalls kann bei 
Ihrem Verfahren herauskommen, dass sich einige Beamte etwas weniger doof 
verhalten. Dafür etabliert Ihr „Dialogverfahren“ eine neue Rolle für die 
Polizei, die als Player in der demokratischen Problemlösung installiert 
werden soll. Mit dieser Rollenerweiterung wird die Gewaltenteilung 
umgangen und die demokratische Meinungsbildung unter polizeiliche 
Aufsicht gestellt.

4. Allein die Art Ihrer Anfrage produziert einen Bekenntnisdruck, der 
für eine demokratische Gesellschaft unwürdig ist. Verschärfend kommt 
hinzu, dass Sie, Dr. Maurer, Institutionen und Einzelpersonen offen 
unter Druck setzen, sich an Ihrem Verfahren zu beteiligen. Darüberhinaus 
werden Informationen darüber von Ihnen an Politik und Verwaltung 
durchgesteckt. Damit ist auch der letzte Rest ihrer wissenschaftlichen 
Unabhängigkeit dahin, aus dem Dialog haben Sie ein Verhör gemacht - ohne 
richterlichen Beschluss.

Daran werden wir uns nicht beteiligen und fordern die Politik, die 
Nachbar*innenschaft und die Wissenschaftscommunity auf, jede Kooperation 
mit Ihnen zu beenden und stattdessen demokratische und selbstbestimmte 
Formate der Meinungsbildung zu unterstützen.


Hochachtungsvoll,


Park Fiction Komitee


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