[St-pauli-selber-machen] Fwd: Rassisitische Polizeikontrollen in St. Pauli-Süd erreichen neues Eskalationslevel
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Fr Jun 14 09:45:28 CEST 2024
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Betreff: [Buttclub-l] Rassisitische Polizeikontrollen in St. Pauli-Süd
erreichen neues Eskalationslevel
Datum: Thu, 13 Jun 2024 19:29:51 +0200
Von: copwatch hh <copwatch-hh at systemli.org>
Dokumentation | 06.-07.06.24 | @copwatch_hh
Rassistische Polizeikontrollen in St. Pauli-Süd erreichen neues
Eskalationslevel
In der Nacht von Donnerstag auf Freitag (06.-07.06.24) kam es in einem
Garten St. Pauli-Süds zu einer Zuspitzung von Polizeigewalt. Kurz vor 23
Uhr drangen drei Zivilbeamt*innen auf das Grundstück ein. Dort befand
sich eine Schwarze Person, die sich gerade etwas zu Essen zubereitete.
Die Polizist*innen in Zivil gaben ohne Angabe von Gründen an, die Person
kontrollieren zu wollen und forderten die betroffene Person auf das
Küchenmesser, welches die Person zum Knoblauch schneiden genutzt hatte
und daher noch in der Hand hielt, fallen zu lassen. Die betroffene
Person kam der Aufforderung nicht sofort nach, da die
Zivilpolizist*innen sich nicht als Polizist*innen auswiesen. Daraufhin
eskalierten die Beamt*innen die Situation. Sie setzten Pfefferspray ein
und richteten ihre entsicherten Dienstwaffen auf die betroffene Person.
Ausgelöst durch die Bedrohung durch die Polizei befand sich die Person
ab diesem Zeitpunkt in einem erkennbaren psychischen Ausnahmezustand.
Mehrere Anwohner*innen bekamen von der Situation mit und begaben sich in
den Hinterhof. Viele Vorfälle der letzten Jahre haben gezeigt, dass
Schwarze Personen und Menschen in mentalen Krisen massiv in Gefahr sind,
Opfer von (tödlicher) Polizeigewalt zu werden; immer wieder haben
Polizist*innen in solchen Situationen Menschen erschossen.
Anwohner*innen versuchten deshalb, die betroffene Person vor der Polizei
abzuschirmen. Erst nachdem eine*r Anwohner*in auf die Polizist*innen
zuging um zu vermitteln und sie aufforderte die Schusswaffen runter zu
nehmen, senkten sie diese.
Die Einsatzleitung bestand darauf, die Person zu fixieren, um sie zu
durchsuchen und zu kontrollieren. Alle Bitten der Anwohner*innen, einen
psychologischen Notdienst oder andere medizinische Unterstützung
herbeizuholen, wurden von den Polizeibeamt*innen abgelehnt. Stattdessen
forderten sie eine Verstärkung der Einsatzkräfte sowie Polizeihunde an.
Die Anwohner*innen versuchten zu deeskalieren und den Polizeibeamt*innen
zu vermitteln, dass die betroffene Person sich in einer merklichen
psychischen Krise befand, die durch weitere Gewalthandlungen, wie das
angedrohte Eindringen in den Garten mit Hunden, nicht aufgelöst werden
könne. Stattdessen wurde durch diese Androhung ein konstantes Szenario
der Bedrohung sowie des Autonomieverlusts der betroffenen Person seitens
der Polizist*innen kreiert und aufrechterhalten.
Nur die Intervention der Nachbar*innen ermöglichte es, dass sich die
Person nach ca. dreißigminütigen Krisengesprächen aus dem akuten
Ausnahmezustand beruhigen konnte, obwohl sich vor dem Tor zum Garten
weiterhin Polizist*innen mit Hand an der Schusswaffe, Pfefferspray im
Anschlag und jaulenden Hunden befanden.
Am Ende wurde die betroffene Person von mehreren Polizist*innen auf dem
Boden fixiert, mit Handschellen gefesselt und abgeführt. Anschließend
drohten die Polizist*innen einer Person, die den Polizeieinsatz per
Handykamera dokumentiert hatte, dieses abzunehmen und nötigten sie
letztlich dazu, das Handyvideo durch die Polizei abfilmen zu lassen.
Beim späteren Anruf einer Anwohnerin, die sich auf der Wache nach dem
Befinden der betroffenen Person erkundigen wollte, legte der Polizist
einfach auf; einer Anwältin verweigerten sie zunächst die Auskunft.
Als Copwatch Hamburg verurteilen wir den brutalen Polizeieinsatz und das
Ausmaß zunehmender Gewalt seitens der Polizei. Einmal mehr zeigt sich,
dass die Polizei nicht im Umgang mit psychischen Ausnahmesituationen
qualifiziert ist und nur mit maßloser Gewalt und weiterer Eskalation
reagiert. Eine Schwarze Person in psychischer Krise, die weder für sich
noch andere eine Bedrohung darstellte, wird von der Polizei als Gefahr
markiert. Dabei war im Gegenteil das Verhalten der Polizei –
insbesondere durch das Ziehen potenziell tödlicher Waffen – hochgradig
gefährlich.
All dies stellt keine Ausnahme dar, denn rassistische und ableistische
Narrative leiten polizeiliches Handeln an. Sie haben zur Folge, dass
rassifizierte Personen, insbesondere wenn sie sich zudem in einer
mentalen Krisensituation befinden, kriminalisiert, dämonisiert und als
Bedrohung dargestellt werden, um so das brutale und immer wieder auch
tödliche Vorgehen gegen sie zu rechtfertigen.
Der erschreckende Vorfall von Donnerstagnacht ist kein Einzelfall,
sondern reiht sich ein in eine schier endlose Liste polizeilicher
Gewaltexzesse in St. Pauli-Süd und anderswo. Die Polizei ist keine
Sicherheit!
Für uns kann es auf die Geschehnisse von Donnerstagnacht daher nur eine
Antwort geben: Wir fordern eine sofortige Auflösung der sogenannten
‚Task Force Drogen‘ und eine Suspendierung der Polizist*innen, die sich
in der besagten Nacht im Einsatz befanden!
Unsere Solidarität gilt dem Betroffenen und allen anderen Überlebenden
rassistischer und ableistischer Polizeigewalt. Sie gilt auch allen
Zeug*innen, deren Intervention Schlimmeres verhindern konnte.
We look out for each other – Solidarische Nachbar*innenschaft statt Polizei!
Copwatch Hamburg, 13.06.2024
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