Pressemitteilung des Arbeitskreises Zensus vom 14. Juni 2012

Werner Hülsmann presse at vorratsdatenspeicherung.de
Do Jun 14 12:57:24 CEST 2012


Sehr geehrte Damen und Herren,

nachfolgend und im Anhang finden Sie die Pressemitteilung des
Arbeitskreises Zensus vom 14. Juni 2012. In der PDF-Datei im Anhang
finden Sie auch weiterführende Informationen und Bildmaterial.

Ansprechpartner für Rückfragen und Interviews zu dieser Pressemitteilung
sind die Pressekontakte des Arbeitskreis Zensus
Telefonisch:

• Michael Ebeling, Hannover, (01577) 39 19 170

• Werner Hülsmann, Berlin, (0177) 28 28 681

Per E-Mail:
• kontakt at zensus11.de

Mit freundlichen Grüßen,

Werner Hülsmann

für den AK Zensus im AK Vorratsdatenspeicherung

"Kritik am neuen Mikrozensusgesetz

Bürgerrechtler warnen vor bürokratischem Automatismus

In der am kommenden Freitag stattfindenden Sitzung des Bundesrats soll
die erneute Verlängerung des Mikrozensus beschlossen werden. Der
Arbeitskreis Zensus bemängelt den bürokratischen Automatismus
des Gesetzentwurfs und weist auf die große Belastung für die von diesen
umfangreichen Befragungen betroffenen Bürger hin. Außerdem bemängeln die
Bürgerrechtler die bis heute unaufgearbeitete
Entstehungs- und Begründungsgeschichte des Mikrozensus im Zusammenhang
mit dem Nationalsozialismus.

Beim "Mikrozensus" [1] handelt es sich um eine von den Statistikämtern
organisierte und durchgeführte Befragung, von der jährlich rund 800.000
Bürger direkt betroffen sind. Sich der Beantwortung der Fragen
verweigern wird mit Zwangsgeldern von bis zu 5.000 Euro bzw. Beugehaft
bestraft. Trotz alledem gibt es zum Mikrozensus bislang so gut wie gar
kein öffentliches Bewusstsein, geschweige denn eine Diskussion. Im
Rahmen des Engagements zur letzten Volkszählung ("Zensus 2011") sind der
Bürgerinitiative Arbeitskreis Zensus [2] eine Reihe von Berichten über
unwürdige Befragungspraktiken im Rahmen des Mikrozensus zugetragen
worden. Darauf weist der Arbeitskreis hin und warnt vor dem
bürokratischen Automatismus der alle vier Jahre stattfindenden
Verlängerung der Gesetzesgrundlage.

In dem für den kommenden Freitag auf der Tagesordnung des Bundesrats [3]
stehenden Gesetzentwurf [4] hierzu heißt es: "Mikrozensusgesetze werden
befristet, um regelmäßig das Erhebungsverfahren prüfen und die Merkmale
an den aktuellen Informationsbedarf anpassen zu können." Von einer
tatsächlichen Prüfung des Erhebungsverfahrens insbesondere hinsichtlich
der Verhältnismäßigkeit und Notwendigkeit der Befragungen ist aber keine
Spur zu sehen. Immerhin werden beim 59 Seiten langen Fragebogen [5] des
derzeitigen Mikrozensus 200 Fragen ("Stichprobenerhebung über die
Bevölkerung und den Arbeitsmarkt Mikrozensus 2012 und
Arbeitskräftestichprobe der Europäischen Union mit Zusatzprogramm der
Europäischen Union") zahlreiche detaillierte persönliche
Angaben zwangsweise abgefragt.

Zum Sinn von Statistiken schreibt das statistische Landesamt
Rheinland-Pfalz [6] beispielsweise: "[Statistiken] dienen der
Orientierung und Positionsbestimmung, sie sind Teil eines
gesellschaftlichen Controllings (…)"

Eingeführt wurden die Mikrozensus-Befragungen 1957 durch Siegfried
Koller [7], der als einer der führenden NS-Statistiker verantwortlich
für die Einführung und "wissenschaftliche" Behandlung
menschenverachtender Begriffe und Kategorien wie "Rassenhygiene" oder
"Asoziale" zeichnete. Zitat: "Die Gruppe der Gemeinschaftsunfähigen
zeigt biologisch durchaus eine Sonderstellung; es ist daher berechtigt
und notwendig, für sie im Rahmen der rassenhygienischen Maßnahmen auch
eine Sonderbehandlung zu fordern." [8] Mikrozensus-Fragen wie "Haben Sie
Kinder geboren?" und "Wie viele Kinder haben Sie insgesamt geboren?"
erinnern frappierend an die Fragen zur Fruchtbarkeitsstatistik
aus der NS-Zeit, die Siegfried Koller noch bei der Volkszählung 1961
wiedereinzuführen gedrängt hatte [9].

"Die Gleichgültigkeit der Behörden bei der Durchsetzung intimster
Befragungen mittels Androhung von Zwangsgeldern und Haft ist nicht
weniger empörend als die bis heute sturköpfige Verweigerung einer
Aufklärung der mit NS-Verbrechern verknüpften Entstehungsgeschichte des
Mikrozensus," sagt Michael Ebeling vom Arbeitskreis Zensus."Der Umgang
der Statistikämter mit den Befragten ist unserem Gemeinwesen vielfach
unwürdig und muss ausgesetzt werden, bis ein klarer und verständlicher
Nachweis über Sinn, Nützlichkeit und Verhältnismäßigkeit der Befragungen
vorgelegt worden ist."

Verweise
[1] https://wiki.vorratsdatenspeicherung.de/Mikrozensus
[2] http://zensus11.de
[3]
http://www.bundesrat.de/cln_235/nn_8338/DE/parlamentsmaterial/to-plenum/897-sitzung/to-node.html?__nnn=true
[4]
http://www.bundesrat.de/cln_235/SharedDocs/Drucksachen/2012/0201-300/251-12,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/251-12.pdf
[5]
http://www.statistik.rlp.de/staat-und-gesellschaft/mikrozensus/was-und-wie-wird-gefragt/
dort:
   Grundprogramm 2012:
http://www.statistik.rlp.de/fileadmin/dokumente/nach_themen/mik/Fragebogen_Mikrozensus_2012.pdf
   Zusatzprogramm der EU:
http://www.statistik.rlp.de/fileadmin/dokumente/nach_themen/mik/Fragebogen_Mikrozensus_2012_EU.pdf
[6] http://www.statistik.rlp.de/ueber-uns/
[7]
https://wiki.vorratsdatenspeicherung.de/NS-Volkszaehlung#Siegfried_Koller
[8] Heinrich Wilhelm Kranz und Siegfried Koller: "Die
Gemeinschaftsunfähigen, Teil II", Gießen 1941, Seite 113
[9] Götz Aly und Karl Heinz Roth: "Die restlose Erfassung",
Frankfurt/Main 2000, Seite 129

Der Arbeitskreis Zensus („AK Zensus“)

Die Kampagne gegen die Volkszählung 2011 ist eine Initiative des
Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung, einem Zusammenschluss von
Bürgerrechtlern, Datenschützern und Internetnutzern der in
Zusammenarbeit mit weiteren zivilgesellschaftlichen Initiativen
überparteilich und unabhängig agiert.

Wir sind der Meinung, dass die geplante Datensammlung weit über
eventuelle Notwendigkeiten einer Volkszählung hinausgeht und außerdem
wichtige Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts z. B. zur
informationellen Selbstbestimmung verletzt werden und die Volkszählung
2011 deshalb verfassungswidrig ist. Weitere Informationen über den
Arbeitskreis Zensus finden Sie hier: http://zensus11.de/



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