[IPK] Libyen: Erklärung des Büros der Vierten Internationale

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Do Apr 28 01:09:08 CEST 2011


Libyen:
Nieder mit dem Regime von Gaddafi!
Sofortige Einstellung der imperialistischen Intervention!
Solidarität mit der libyschen Revolution!
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Erklärung des Büros der Vierten Internationale


Die Intervention der westlichen Mächte in Libyen stellt eine Wende der Lage
in der arabischen Welt dar. Seit Beginn der sozialen und politischen
Schockwelle, die alle Länder der arabischen Welt erfasst hat, hat die
4. Internationale für die demokratischen und sozialen Interessen der
arabischen Völker und gegen ihre Tyrannen Partei ergriffen. Das hat uns
veranlasst, die tunesische und die ägyptische Revolution an der Seite der
revolutionären SozialistInnen dieser Länder zu unterstützen. Daher haben wir
alle demokratischen Forderungen dieser Massenmobilisierungen -- Recht auf
freie Meinungsäußerung, auf freie gewerkschaftliche und politische
Organisierung, Pluralismus, Pressefreiheit -- und die sozialen Forderungen
-- Lohnerhöhungen, Schaffung von Arbeitsplätzen, Kampf gegen die Teuerung
der Lebenshaltungskosten -- unterstützt, wie wir auch den Sturz der
Diktaturen und die Forderungen nach einem wirklichen Bruch mit den alten
Regimes in einer demokratischen und sozialistischen Perspektive unterstützt
haben.

Entsprechend dieser Politik haben wir die Mobilisierungen und dann den
Volksaufstand in Libyen zum Sturz der Gaddafi-Diktatur von Anfang an
unterstützt. Solidarität mit den Mobilisierungen der Bevölkerung in Libyen
bedeutet, alles zu tun, um dem Volk gegen Gaddafi zu helfen: totales Embargo
der Waffenverkäufe an die Diktatur, Einfrieren der Vermögen des libyschen
Regimes im Ausland, Organisierung von medizinischer und humanitärer Hilfe
sowie Nahrungsmittellieferungen für die Hunderttausende vom Regime
verfolgten LibyerInnen. Unterstützung des libyschen Volks und Schutz der
ZivilistInnen würde heißen, ihm die militärischen Mittel zu liefern, um sich
gegen die Massaker von Gaddafis Söldnern zu verteidigen und sich selbst von
der Diktatur zu befreien. Die arabischen Völker und Armeen, an erster Stelle
die TunesierInnen und die ÄgypterInnen, können bei solcher militärischer
Hilfe eine entscheidende Rolle spielen.

Ziel der französischen, britischen und US-amerikanischen Bombardierungen ist
nicht, "die Zivilbevölkerung zu schützen", wie in der Resolution Nr. 1973
des UN-Sicherheitsrats behauptet wird, mit der über Libyen eine
"Flugverbotszone" verhängt worden ist. Je mehr Tage ins Land gehen, desto
"vager" erscheinen die Ziele dieser UN-Resolution. Geht es wirklich um den
Schutz der Zivilbevölkerung? Warum wird dann das Risiko der Bombardierung
anderer ZivilistInnen eingegangen? Oder geht es vielmehr darum, mit Gaddafi
Schluss zu machen oder seinem Regime ein Abkommen bzw. eine Teilung Libyens
aufzuzwingen? Das Risiko einer Eskalation, die auf eine oder mehrere
Interventionen mit Bodentruppen hinauslaufen kann, ist -- im Gegensatz zu
dem, was die Resolution besagt -- nicht von der Hand zu weisen. Tatsächlich
geht es darum, dass die imperialistische Koalition in der Region wieder Fuß
fassen und den im Gang befindlichen revolutionären Prozess vereinnahmen
will, indem Regierungen in ihrem Sold eingesetzt werden oder Druck auf die
im Gang befindlichen Prozesse ausgeübt wird. Auch die strategischen
Ölinteressen sollten nicht vergessen werden. Und wie kann man schließlich
jenen ausgesprochen heuchlerischen Regierungen Glauben schenken, die Irak
und Afghanistan besetzen und uns erzählen, sie wollten "die Zivilbevölkerung
schützen", es aber geschehen lassen, dass die Bevölkerung in Bahrain, im
Jemen, in Syrien oder Gaza massakriert wird?

Unterstützung der libyschen Revolution und für den Sturz der
Gaddafi-Diktatur heißt heute humanitäre und militärische Hilfe für die
Aufständischen und Beendigung der imperialistischen Intervention. Das
libysche Volk steht nicht allein. Sein Kampf ist Teil der gegenwärtigen
revolutionären Welle, die die arabische Welt erschüttert. Mehr denn je ist
es an den arabischen Völkern, ohne neokoloniale Intervention der westlichen
Mächte ihr Geschick in die eigenen Hände zu nehmen.


23. März 2011


Übersetzung: Friedrich Dorn



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