[IPK] Griechenland -- die Krise im Alltag

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So Mai 20 21:06:44 CEST 2012


Griechenland -- die Krise im Alltag
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Es mag lächerlich erscheinen, aber erklärtes Ziel der Mitte-Rechts-Regierung
war tatsächlich, dass am griechischen Nationalfeiertag am 25. März keine
Demonstrationen stattfinden sollten, nachdem im vergangenen Jahr der zweite
Nationalfeiertag am 28. Oktober [1] bereits von der Bevölkerung zu einem Tag
des kollektiven Widerstands gegen die Troika umfunktioniert worden war. Aber
trotz des Aufgebots von 7000 Polizisten im Zentrum Athens und Paraden vor
nahezu menschenleerer Kulisse aufgrund des Zutrittsverbots geriet das Fest
zum Andenken an den Unabhängigkeitskrieg von 1821 zu einer Manifestation, in
der die Bevölkerung von der griechischen Regierung Unabhängigkeit gegenüber
den Vorgaben der europäischen Bourgeoisie einforderte. Eltern und Lehrer
stellten sich der Polizei entgegen, die paradierenden Schüler verweigerten
der Obrigkeit den Salut und die Provinzbürgermeister die Bereitstellung von
Tribünen für die Honoratioren. 

Diese Akte des zivilen Ungehorsams zeigen, dass der Widerstand -- selbst
wenn sich die PASOK-dominierte Gewerkschaftsführung der GSEE natürlich außen
vor hält -- organisierte Formen annimmt, in einer Zeit, wo die
Wirtschaftspolitik von Tag zu Tag schrecklicher wird. So soll bspw. der
Steuerfreibetrag auf jährlich 5000 EUR gesenkt werden, während die
Mindestlöhne um 22 % und für unter 25-jährige um 32 % und die Renten um
weitere 12-20 % sinken und der soziale Wohnungsbau abgeschafft wird ...
während zugleich die IWF-Vorsitzende Lagarde doziert, dass die Löhne in
Griechenland viel zu hoch seien. Angesichts der massiven Probleme im Alltag
versucht die Bevölkerung den Widerstand und den Kampf ums Überleben zu
organisieren, wobei Eines essentiell ist, nämlich den aufkommenden Rassismus
zu stoppen, der dem Faschistenpack den Boden bereitet und der durch die
Regierung und die willfährige Presse noch angefacht wird. Vor diesem
Hintergrund kommt es darauf an, dass alle lokalen Kämpfe stets vor Augen
haben, dass es einer antikapitalistischen Politik auf gesamtstaatlicher
Ebene bedarf, die mit der Logik der aktuellen Misere bricht. Partiell wird
dies bei den kommenden Wahlen, die der Troika eher Bauchschmerzen bereiten
und die sie daher so weit als möglich hinausschieben wollte, zum Ausdruck
kommen, aber entscheidend ist eine anhaltende nationale Mobilisierung, die
auf die internationale Solidarität aufbauen kann.


Ein Dossier von Tassos Anastassiadis und Andreas Sartsekis



DIE KÄMPFE IM GESUNDHEITSWESEN

Abgesehen von einigen zurückliegenden und durchaus beachtenswerten Projekten
wie den medizinischen Versorgungszentren auch in abgelegenen Dörfern, die
von JungmedizinerInnen in den ersten Berufsjahren betrieben wurden, haben
seither alle Regierungen zunehmend den Schwerpunkt auf die Versorgung durch
niedergelassene Ärzte verlagert und die Krankenhäuser den Chirurgen zur
Verfügung gestellt, die dort gegen Barzahlung operierten -- eine gängige
Praxis, die sowohl der Rechten als auch der PASOK trotz aller geheuchelten
Bestürzung bekannt war. Der Skandal, dass Kranke mangels Betten in den
Fluren untergebracht wurden, datiert nicht erst seit der Krise, aber seither
wird der Krankenhaussektor noch viel mehr vernachlässigt:

* fehlende Medikamente und Mittel zum Unterhalt. Bspw. werden keine
orthopädischen Hilfsmittel mehr an die Krankenhäuser geliefert, da der Staat
seit 2010 die Sanitätshäuser nicht mehr bezahlt hat.

* Personalmangel und unbezahlte Überstunden und Bereitschaftsdienste.

* Zugleich massive Zunahme der Patientenzahlen mit immensen Wartezeiten.


Eines der größten Krankenhäuser Athens, Sotiria, das auf Lungenerkrankungen
spezialisiert ist, verzeichnet binnen zwei Jahren einen Anstieg der
Patientenzahlen um 30-40 %, während die Regierung eine Zusammenlegung mit
dem Nachbarkrankenhaus herbeiführen will. Dies liefe auf Bettenschließungen
und weiteren Personalabbau hinaus, wobei ohnehin schon seit langem private
Nachtwachen von den Angehörigen engagiert werden müssen, da es nicht genug
Schwestern und Pfleger gibt.

Aus diesem Grund wird auf breiter Basis dafür mobilisiert, dass 

* keine Bettenschließungen erfolgen,

* ausreichend Personal eingestellt wird,

* die seit Dezember unbezahlten Bereitschaftsdienste vergütet und

* die erforderlichen Medikamente und Pflegemittel geliefert werden.


Seit Wochen gibt es Arbeitsniederlegungen unter den Beschäftigten und werden
die Verwaltungsbüros des Nachbarkrankenhauses besetzt. Die Gewerkschaft der
Krankenhausbeschäftigten hat ihrerseits 20 Aktionstage gegen eine derartige
Politik der Bedarfsplanung, Personalkürzungen und Zusammenlegung von
zahlreichen Krankenhäusern anberaumt. In dieser Woche gibt es nahezu im
ganzen Land Besetzungen und Versammlungen zur Verteidigung des öffentlichen
Gesundheitswesens.


DIE BRAUNE PEST KOMMT WIEDER ANGEKROCHEN

Auch wenn sie sich seit dem Sturz der Militärdiktatur 1974 relativ bedeckt
hielten, waren die Faschisten niemals komplett verschwunden, sondern
bedienten schamlos Nationalismus und Antisemitismus und versuchen seit
einigen Jahren, sich auf Grundlage rassistischer Hetze gegen die vielen
Flüchtlinge aus Afrika und dem Orient neu zu formieren. Diese extreme Rechte
tritt inzwischen unter zwei Gesichtern auf:

* auf institutioneller Ebene in Gestalt der LAOS unter ihrem Führer
Karatzaferis, der jedoch erwartungsgemäß mit seiner Politik Schiffbruch
erlitten hat: einerseits Unterstützung für Papandreous Politik aus
Überzeugung aber auch um Politikfähigkeit zu demonstrieren, andererseits
Eintritt in die von ihm propagierte Notstandsregierung. Dabei hat er
natürlich Federn gelassen, wollte seine Minister und Staatssekretäre wieder
abberufen und hat dabei zwei (per Übertritt) an die ND verloren. Bei seinem
anschließenden Versuch, sich wieder neu aufzustellen, verfiel er erneut in
die übliche fremdenfeindliche Demagogie.

* Neonazistische Grüppchen, die sich Chrysi Avgi (Goldene Morgendämmerung)
angeschlossen haben, deren Vorsitzender ein ehemaliger Bombenleger ist.
Unter dem unverhüllten Schutz der Spezialeinheiten der griechischen Polizei
MAT, der sie gelegentlich auch mal zur Hand gehen, konnten sie in einem
Athener Innenstadtviertel einen gewissen Erfolg verbuchen, indem sie Teile
der dortigen Bevölkerung gegen die dort im Elend hausenden Immigranten
mobilisierten. Dabei lieferten Diebstähle und auch einige von Immigranten
begangene Morde den Vorwand für ein rassistisches Pogrom, das mit
Gewalttaten und Bürgerwehren einherging und sogar dem Führer eines
Nazigrüppchens zu einem Sitz im Gemeinderat verhalf, wo er mit "Heil Hitler"
aufzutreten pflegte. Inzwischen versucht die Gruppierung, die ihre
Reputation durch die Regierungsbeteiligung der geistesverwandten LAOS
aufgewertet sieht, in den Vorstädten und auf dem Land mehr Dampf zu machen.
Einerseits probiert sie in den Versammlungen der Empörten mitzumischen,
andererseits stellt sie Jugendliche zur Jagd auf ImmigrantenInnen und
AntirassistInnenen ab. Selbst in Vorstädten mit demokratischer Tradition
versucht sie Fuß zu fassen, wie diese Woche in Nea Smyrni, wo sie zwei
syrische Flüchtlinge attackierte, ohne dass die Umstehenden eingeschritten
wären.


Auch das Netzwerk zur Erfassung rassistischer Gewalttaten verzeichnet eine
exponentielle Zunahme der Gewalt und sorgt sich wegen der Beteiligung
Minderjähriger.

Die Regierung leistet in dieser Situation dem Rassismus und somit der
faschistischen Gewalt durch ihre Politik und Propaganda bewusst Vorschub.
Stellvertretend sei hier Michalis Chrysochoidis von der PASOK, der überaus
reaktionäre Minister für "Bürgerschutz" zitiert. Um die Eröffnung eines
regelrechten Konzentrationslagers für die ImmigrantenInnen, die vor Krieg
und Elend fliehen, zu rechtfertigen, erklärte er: "Wir müssen der
Immigrationsfrage, die mittlerweile zu einem sozialen und nationalen Problem
geworden ist, entschieden gegenüber treten." Die Lager "sind das einzige
Mittel, diese Bombe (sic!) zu entschärfen. Ansonsten würden wir
unausweichlich in der Katastrophe enden. Deswegen kann unsere Gesellschaft
nicht noch mehr davon ertragen. Hunderttausende armer und elender Menschen
in den Straßen, ohne Arbeit und Beschäftigung, ausgehungert und Opfer von
Sklavenhändlern -- dagegen müssen wir unbedingt vorgehen." Die Regierung hat
inzwischen die Errichtung von 30 solcher Lager im Land angekündigt, um
30 000 Flüchtlinge unterzubringen. Parallel dazu gibt es eine breite
Regierungs- und Medienkampagne über die angeblich von dieser
Bevölkerungsschicht ausgehende Gefahr, die auch die öffentliche Gesundheit
beträfe.

Damit ist die Musik vorgegeben. Und die Antirassisten und Antifaschisten
sind auf das Höchste gefordert, wobei zwei Dinge im Vordergrund stehen.

Erstens müssen wir für die Rechte der Flüchtlinge kämpfen und namentlich für
das auf eine menschenwürdige Unterbringung. Daher muss Schluss sein mit
einer Politik, die die Flüchtlinge mittellos und unter gefährlichen und
entsetzlichen Bedingungen in einschlägige Stadtviertel Athens treibt.
Allerdings verstärken Methoden wie die Sperrung der Sitzbänke auf den
öffentlichen Plätzen, wie dies der Athener Bürgermeister betreibt, die
Marginalisierung noch weiter und legitimieren den Rassismus. Deswegen müssen
Forderungen erhoben werden, die zugleich für die Flüchtlinge und die
griechische Bevölkerung gelten: Schaffung von Arbeitsplätzen (besonders im
brachliegenden Bausektor), Recht auf qualifizierte Gesundheitsfürsorge,
Recht auf Bildung (dieses Jahr fehlten monatelang Schulbücher und wurden
Schulen aus Ersparnisgründen geschlossen) usw.

Zweitens brauchen wir eine einheitliche antirassistische Bewegung, damit sie
genügend Schlagkraft und den erforderlichen Massencharakter hat. Am 17. März
marschierten 1000 Demonstranten zum Stadtteil Aghios Pandelimonas, wo die
Neonazis besonders aktiv sind, und wurden dabei von der Polizei blockiert.
Zu dieser Demonstration hatte eine Vereinigung aufgerufen, die -- wie in
Griechenland meist üblich -- einer politischen Organisation zugehört, sodass
diese Aktion zwar durchaus ihre Berechtigung hatte, aber unzureichend war.
Wenn den Neonazis in Meinungsumfragen höhere Stimmenanteile winken als LAOS
und sie gar Mandate erringen können, dann sind einige und anhaltende
Massenkampagnen angesagt, wie sie in Ansätzen unter massiver Beteiligung der
Schüler auch schon zu sehen waren. Es ist dringend geboten, das weitere
Erstarken der Faschisten zu verhindern und die Stadtviertel, in denen sie
sich breit gemacht haben, durch Massenmobilisierungen und eine
antikapitalistische Orientierung zurück zu erobern.


KRISE UND KÄMPFE IN DEN MEDIEN

Seit Beginn der Krise gibt es zahlreiche und schwere Kämpfe seitens der
Beschäftigten in den griechischen Medien. Dies liegt aus Sicht der
Arbeiterklasse hauptsächlich daran, dass die Medien über einen
reglementierten Kern verfügen (Zeitungen und Fernsehsender in Athen), wo es
Tarifverträge und wirkliche gewerkschaftliche Vertretung gibt, was im
Privatsektor durchaus unüblich ist. Außerhalb dieses Kerns gibt es
massenhaft Unternehmen (Magazine, Internet, kleine Radiosender,
Provinzblätter etc.) mit sehr flexibler Belegschaft, die aber bisher
durchaus anstrebten, die gleichen Bestimmungen wie der Athener Kernsektor zu
erreichen. Infolge der Krise ist diese Bewegung gekippt und es wird eine
allgemeine Anpassung nach unten erzwungen. Natürlich hat die Krise die
Gewinne massiv gedrückt, da diese hauptsächlich von der Werbung und damit
von der Wirtschaftskonjunktur abhängen. Dazu kommt ein weltweiter
Umstrukturierungsprozess in diesem Sektor aufgrund des Internets. Aber für
das Großkapital, das diesen Sektor kontrolliert, war dies eine willkommene
Gelegenheit, die Belegschaften anzugehen und die Regelungen zu zerschlagen.
Dazu muss man wissen, dass die Kapitalisten, die die Medien kontrollieren,
dies nicht in erster Linie wegen der unmittelbar hieraus zu erzielenden
Profite betreiben, sondern um dadurch Einfluss zugunsten ihrer sonstigen
Geschäfte auszuüben: Von den vier großen Zeitungskonzernen in Athen sind
zwei in der Hand von Reedern und einer gehört einem griechischen
multinationalen Baukonzern. Und auch der Umgang mit der Krise zeigt, wie
harsch das multinationale Kapital vorgeht. So hat bspw. die griechische
Filiale Leo Burnett, die dem französischen Werbemulti Publicis gehört, mit
ihrem Konkurs letztes Jahr die Ausweitung der Krise und den Druck auf die
Medien verschärft.

In den Anfängen, 2010 und 2011, verliefen die Attacken vorwiegend in Form
von Massenentlassungen, Zeitungsschließungen und Umstrukturierungen. Die
Konzerne konnten damit mindestens ein Drittel der Belegschaft abbauen und
einen großen Teil der Beschäftigten in die Arbeitslosigkeit entlassen. Ihre
Methode lag vorwiegend in der Spaltung der Belegschaft (Journalisten gegen
Verwaltungspersonal, Radiotechniker gegen Drucker etc., wobei die Losung:
"Rette sich, wer kann" galt) und in Angriffen auf die "verantwortungslosen"
Gewerkschaften, was zumeist durch "spontane" innerbetriebliche Bewegungen
unter dem Motto "das Unternehmen retten" betrieben wurde. Der Pressekonzern
DOL -- ein Wahrzeichen Griechenlands und einer der traditionellen Pfeiler
der politischen Machthaber -- spielte den Vorreiter bei dieser
Spaltungspolitik, den Entlassungen und den gewerkschaftsfeindlichen
Angriffen.


KAMPF UM DIE LÖHNE

In der jetzigen, zweiten Phase sind die Löhne schon sehr frühzeitig ins
Zentrum der Attacken gerückt. So hat der Fernsehsender Sky, der der
Reedergruppe Alafouzos gehört, im Dezember 2010 bereits die ersten
Einzelverträge durchgesetzt: Lohnsenkungen von 10 % unter Bruch der
Tarifverträge und Entlassung all derer, die ihre Zustimmung dazu und zum
Rauswurf der Gewerkschaften aus den Betrieben und damit zum Bruch der --
wenigstens damals noch auf dem Papier gültigen -- bürgerlich gesetzlichen
Mindestanforderungen und der Tarifverträge verweigerten. Im Laufe des Jahres
2011 dehnte sich diese Tendenz auch auf die anderen Konzerne -- und dies
gleich mehrmals -- aus: Radio Pegasos, das einem multinationalem Baukonzern
gehört, hat auf diese Art gleich dreimal Lohnsenkungen um 10 % durchgesetzt
und dabei die Belegschaft massiv terrorisiert. Oder die Reederei Kyriakou,
die gerade eine dritte Lohnsenkung (um 10--20 %) gegenüber der Belegschaft
des Senders Antenna durchgedrückt hat -- just eine Woche, nachdem ihre
serbische Filiale Rekordgewinne ausgewiesen hat. Dabei muss man wissen, dass
die Senkung der Reallöhne infolge der Inflation und der unter Berufung auf
die Krise erhöhte Besteuerung während der letzten beiden Jahre ca. 25 %
betragen hat. Rechnet man die in dieser zweiten Phase durchgesetzte Senkung
der Nominallöhne dazu, kommt man auf einen kumulierten Effekt von 50 %, und
dem Anschein nach werden Einschnitte von bis zu zwei Dritteln angestrebt.

Es kommt noch schlimmer! Seit dem letzten Jahr wird es zunehmend üblich,
dass die Arbeit gar nicht oder mit mehreren Monaten Verspätung bezahlt wird.
Nur sehr wenige Unternehmen in dieser Branche zahlen die Löhne wie bisher.
Am eklatantesten -- freilich nur zwei von vielen Beispielen unter den
kleinen Unternehmen -- sind TV Alter, die seit anderthalb Jahren ihre 700
Beschäftigten nicht mehr bezahlen, und Eleftherotypia (s. Kasten). In beiden
Fällen sind die Beschäftigten, nachdem sie sich ein paar Monate in der
Illusion gewogen haben, zu einer "Rettung der Unternehmen" beizutragen, in
Streik getreten und haben den Betrieb besetzt, wobei ihnen die Solidarität
der Metaller von Halivourgia zugute kam, die in vergleichbarer Weise
streiken. Während bei Eleftherotypia zwei Streikausgaben unter Kontrolle der
Beschäftigten erschienen, wurde Tele Alter nach ein paar Sendungen unter
Regie der Beschäftigten seitens der Medienunternehmer und des Staates der
Sendebetrieb gekappt.

In nächster Zeit stehen zwei wesentliche Errungenschaften auf dem Spiel.
Zunächst sollen sämtliche öffentliche Informationseinrichtungen zerschlagen
werden, wie lokale Radiosender unter kommunaler Kontrolle, nationale
Presseagentur und öffentliche Fernseh- und Rundfunkanstalten. Außerdem und
v. a. sollen die Tarifverträge und arbeitsrechtlichen Bestimmungen abgebaut
werden. Denn neben der faktischen Aufhebung des Arbeitsrechts sieht das neue
Memorandum der Troika vor, die Verbindlichkeit der Tarifverträge für die
Unternehmer aufzuheben als auch die Arbeitslöhne ins Belieben der
Unternehmer zu stellen, sodass für Lohnsenkungen keine Einwilligung durch
die Beschäftigten erfolgen muss.

Obwohl in den einzelnen Betrieben und in der ganzen Branche ständige Kämpfe
stattfinden, zu denen nationale Streiks und Mobilisierungen hinzukommen,
haben die Lohnabhängigen in der Medienbranche das Gefühl, von einer
Niederlage in die nächste zu geraten und in einer kapitalistischen
Propagandamaschinerie zu arbeiten, die voll und ganz gegen Gesellschaft und
Arbeitswelt arbeitet. Insofern ist eine Neuorientierung der Bewegung
dringend erforderlich, um sich an die anderen griechischen Lohnabhängigen
anzunähern. Natürlich muss gekämpft werden, aber v. a. muss die Arbeit so
gestaltet werden, dass das Berufsethos wiederhergestellt wird, das die
Medienkapitalisten im Dienst der Troika systematisch mit Füßen getreten
haben. Diese Auseinandersetzung muss inner- und außerhalb der Branche und
letztlich landesübergreifend geführt werden, da hierbei nicht nur die Löhne
und Arbeitsbedingungen von einigen Zehntausend Beschäftigten auf dem Spiel
stehen, sondern ein System reproduziert wird, an dessen Ende die Barbarei
steht -- europa- und weltweit.


Übersetzung: MiWe



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Aus:   Inprekorr Nr. 3/2012    (Internationale Pressekorrespondenz)
Nachdruck gegen Quellenangabe und Belegexemplar erwünscht
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[1]  Ablehnung des Ultimatums des Mussolini-Regimes durch die damalige
griechische Militärregierung -- d. Üb.



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