[IPK] Money Makes the World Go Round

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Ökonomie:

Money Makes the World Go Round
Online unter:  <https://www.inprekorr.de/624-money.htm>
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Seit dem Pariser Klimaabkommen von 2015 haben die Banken der fossilen
Brennstoffindustrie rund 3,2 Billionen Dollar zur Verfügung gestellt, um
ihre Geschäfte auszubauen.

 

 

Von Dharna Noor

 

 

Einem neuen Bericht zufolge stecken Banken Billionen von Dollar in den
Ausbau der emissionsintensivsten Industrien im globalen Süden. Die
Entwicklungsländer sind von der Klimakrise am stärksten betroffen, haben
aber nicht die Mittel, um Klimaschutzpläne zu verabschieden. Daher benötigen
sie Billionen von Dollar an Hilfe, um ihre Wirtschaft zu dekarbonisieren und
sich an den Klimawandel anzupassen. Stattdessen werden sie von den
Finanzkonzernen dazu genötigt, gegenteilige Maßnahmen zu ergreifen, so die
Analyse der internationalen Nichtregierungsorganisation ActionAid [von
Anfang September].

 

„Sie erzählen, dass Geld die Welt am Laufen hält, tatsächlich aber wirft es
sie zurück“, sagte Teresa Anderson, globale Leiterin für Klimagerechtigkeit
bei ActionAid International, gegenüber Reportern. Für den Bericht arbeitete
ActionAid mit Profundo, einem internationalen Unternehmen für Forschungs-
und Beratungsdienstleistung zusammen, um Daten über die Kreditvergabe und
-übernahme großer internationaler Banken an fossile Brennstoff- und
Agrarkonzerne zusammenzustellen. Dabei kam heraus, dass diese Banken
zwischen 2016 und 2022 etwa 3,2 Billionen Dollar an die fossile
Brennstoffindustrie vergeben haben, um deren Aktivitäten im globalen Süden
auszuweiten.

 

Zu den führenden Geldgebern für fossile Brennstoffe gehören chinesische
Banken, die den Ausbau von Kohle, Öl und Gas im eigenen Land finanzieren.
Führende US-Banken wie Citigroup, Bank of America und JP Morgan Chase haben
Saudi Aramco, Exxon und anderen Konzernen, die mit fossilen Brennstoffen
arbeiten, Billionenbeträge für Investitionen im Bereich fossiler Brennstoffe
in südamerikanischen und afrikanischen Entwicklungsländern zur Verfügung
gestellt.

 

In der gleichen Zeitspanne, so die Analyse, haben internationale Großbanken
außerdem mindestens 370 Mrd. Dollar für die Expansion der industriellen
Landwirtschaft im globalen Süden verliehen und gezeichnet. Die europäische
HSBC und die US-amerikanischen Banken Bank of America, JP Morgan Chase und
Citigroup sind dabei federführend und haben Milliarden von Dollar an
Agrarmultis wie Bayer (das 2016 Monsanto übernommen hat), ADM, Cargill und
ChemChina [zu der der Schweizer Konzern Syngenta gehört] vergeben.

 

Die industrielle Landwirtschaft ist weltweit der zweitgrößte Klimatreiber,
was auf die Umweltverschmutzung durch die Produktion und den Einsatz von
chemischen Düngemitteln, Methanemissionen aus der Viehzucht und die weit
verbreitete Praxis der Rodung von Kohlenstoffsenken, um Flächen für
landwirtschaftliche Betriebe zu gewinnen, zurückzuführen ist, so der
Bericht. „Die industrielle Landwirtschaft hat sich irgendwie aus dem
Rampenlicht herausgehalten, und wir sind der Meinung, dass sich das aus
Klimaschutzgründen ändern muss“, so Anderson.

 

Die Untersuchung zeigt laut Anderson die Diskrepanz zwischen den
öffentlichen Verlautbarungen der Finanzkonzerne zum Klimawandel und ihrer
Praxis. „Globale Banken geben oft öffentliche Erklärungen ab, dass sie sich
mit dem Klimawandel befassen, aber das Ausmaß ihrer fortdauernden
Finanzierung von fossilen Brennstoffen und industrieller Landwirtschaft ist
einfach schwindelerregend“, sagte sie.

 

In einer separaten Analyse der US-Naturschutzorganisation Sierra Club, die
am 30. August veröffentlicht wurde, wurde aufgedeckt, dass große globale
Banken zwar Klimazusagen gemacht, aber dennoch die Kohleindustrie in den USA
finanziert haben. Einige Banken haben ihre Klimapolitik in den letzten
Jahren überarbeitet. Die Citigroup zum Beispiel hat im vergangenen Jahr
Emissionsreduktionsziele für ihre Finanzierungsgeschäfte im Energiesektor
festgelegt und sich verpflichtet, bis 2025 ähnliche Ziele für ihre
Kreditvergaben im Agrarsektor zu verfolgen.

 

Gina Bartlett, eine Sprecherin der HSBC, sagte, die Bank habe ihre Politik
zur Energiefinanzierung im Dezember revidiert. „Unsere aktualisierte
Energierichtlinie beinhaltet, dass HSBC keine neuen Finanz- oder
Beratungsdienstleistungen mehr für Projekte zur Erschließung neuer Öl- und
Gasfelder oder damit zusammenhängender Infrastruktur in ökologisch
kritischen Gebieten bereitstellen wird“, sagte sie und fügte hinzu, dass
separate Richtlinien für Forst- und Agrarrohstoffe „eindeutig belegen, dass
HSBC keine Finanzdienstleistungen für Kunden bereitstellen wird, die direkt
oder über Lieferanten an der Abholzung von Wäldern beteiligt sind”.

 

Doch zwischen 2016 und 2022, so der Bericht, vergaben internationale Banken
jährlich durchschnittlich 513 Milliarden Dollar insgesamt für fossile
Brennstoffindustrien und industrielle Landwirtschaft. Diese enormen Summen
übersteigen bei weitem den Betrag, den die Länder des globalen Nordens in
die Länder des globalen Südens gesteckt haben, um ihnen bei der Senkung von
Emissionen zu helfen und die Anpassung an den Klimawandel zu unterstützen.

 

Im gleichen Zeitraum haben die Regierungen des globalen Nordens zusammen
durchschnittlich nur 22,25 Milliarden Dollar pro Jahr ausgegeben, um
internationale Mittel zur Bekämpfung des Klimawandels bereitzustellen. Das
zeigt, dass die treibenden Faktoren der Klimakrise weitaus mehr
Unterstützung erhalten als die Lösungsansätze dafür, so die Analyse.
„Weiteres Geld in fossile Brennstoffe zu investieren, macht wirklich keinen
Sinn, wenn wir, wie die meisten von uns in dieser Welt, in dieser
planetarischen Krise stecken”, sagte Farah Kabir, die die Lobbyarbeit von
ActionAid in Bangladesch leitet.

 

Lorne Stockman, Forschungsdirektor bei der gemeinnützigen Organisation Oil
Change International, die die Auswirkungen von Investitionen auf das Klima
untersucht, hat nicht an dem Bericht mitgearbeitet, sagte aber, die Daten
seien „gravierend“. „Viele Investitionen in fossile Brennstoffe könnten ohne
die Finanzinstitute, die sie unterstützen, nicht getätigt werden”. Die
ganzen Debatten über nachhaltige Investitionen und Entwicklung werden
umsonst sein, wenn die Investitionen nicht umgelenkt werden, meint er.

 

Die Autoren des neuen Berichts fordern die Regierungen des globalen Nordens
auf, die öffentlichen Zuschüsse für erneuerbare Energien, eine
kohlenstoffarme, nachhaltige Landwirtschaft und Klimaanpassungsmaßnahmen in
ärmeren Ländern zu erhöhen und auch die Vorschriften für den Finanzsektor zu
verschärfen, um dadurch die Finanzierung umweltschädlicher Industrien zu
verringern.

 

„Es ist dringend geboten, dass die Banken, die diese Krise unterhalten,
damit aufhören, den Klimawandel zu finanzieren, und dass die Regierungen in
die Gänge kommen, um schnell und gerecht verteilte Mittel zur Bekämpfung der
Klimakrise bereitzustellen, sagte Amerasinghe
[https://www.actionaidusa.org/news/actionaid-usa-announces-new-executive-dir
ector/], Leiterin von ActionAid in den USA.

 

Basav Sen, Direktor für Klimapolitik am Institute for Policy Studies, der
nicht an dem Bericht mitgearbeitet hat, sagte, da der Bericht die
Verantwortung der Banken für die zunehmende Förderung fossiler Brennstoffe
und die Ausweitung der industriellen Landwirtschaft im globalen Süden
quantifiziere, könne er auch dafür genutzt werden, um die Banken zur
Rechenschaft zu ziehen. „Diese widersinnigen Finanzierungsmaßnahmen sollten
bei der Berechnung der Reparationszahlungen berücksichtigt werden, die die
reichen Länder dem globalen Süden schulden, um ihrer historischen
Verantwortung für den Klimawandel gerecht zu werden”.

 

 

Dharna Noor berichtet für den The Guardian zum Themenbereich fossile
Brennstoffe und Klima.

 

aus: The Guardian vom 4. September 2023
[https://www.theguardian.com/us-news/2023/sep/04/banks-pour-trillions-fossil
-fuel-expansion-global-south-report-says]

Übersetzung: MiWe

 

 

 

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Aus:   die internationale Nr. 6/2023 

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