[MD Presse] PM: "20 Jahre Bürgerbegehren" im bayerischen Landtag
Simon Strohmenger
simon.strohmenger at mehr-demokratie.de
Do Feb 4 13:54:33 CET 2016
Mehr Demokratie e.V.
Landesverband Bayern
01/16
04.02.2016
Bayern feiert „20 Jahre Bürgerbegehren“
Lobeshymnen und Zukunftsvisionen im Bayerischen Landtag – aber auch
Kritik
München, 04.02.2016.
Die Vorbehalte gegen direkte Demokratie haben sich nicht bestätigt, das
stellte der ehemalige bayerische Ministerpräsident Günther Beckstein
anlässlich des Jubiläums „20 Jahre Bürgerbegehren und Bürgerentscheid in
Bayern“ fest. Mit knapp 300 Gästen war der Senatsaal im bayerischen
Landtag anlässlich der Jubiläumsfeier am 3. Feburar 2016 bis auf den
letzten Platz gefüllt.
Seit 20 Jahren können die Bürgerinnen und Bürger Bayerns über einzelne
Sachfragen in ihren Gemeinden direkt abstimmen. In den Anfangsjahren
stieß dies jedoch auf erhebliche Widerstände, wie sich Beckstein, damals
Innenminister, erinnerte. Gerade seine Partei sei sehr skeptisch
gewesen. Von einer Vorherrschaft von Berufsquerulanten und zukünftig
leeren Kassen der Kommunen war damals die Rede. „Diese Vorbehalte haben
sich jedoch nicht bestätigt. In der Regel ist der Bürger gar sparsamer
als die Mandatsträger“, so Beckstein.
Seitdem das Gesetz zum Bürgerentscheid am 01.11.1995 in Kraft getreten
ist, kam es in Bayern zu 2.676 Verfahren (Bürgerbegehren und
Ratsreferenden), von denen 1.629 in einen Bürgerentscheid mündeten.
Damit ist Bayern absoluter Spitzenreiter im bundesweiten Vergleich.
Wichtig seien hierbei die bürgerfreundliche Ausgestaltung und das gute
Zusammenspiel zwischen den gewählten Vertretern und den
direktdemokratischen Instrumenten, wie Landtagspräsidentin Barbara Stamm
in ihrem Grußwort betonte.
Dass dieses Zusammenspiel aber nicht immer reibungslos verläuft,
zeigten die Berichte aus einigen Kommunen. Eine Erfahrung, die auch
Susanne Socher, Vorstandsprecherin von Mehr Demokratie Bayern und
langjährige Bürgerbegehrensberaterin, teilte: "Gerade die gewählten
Vertreter/innen vergessen mancherorts, dass der Souverän das Volk ist.
Sie lassen sich gerne wählen, wollen aber anschließend keine Macht mehr
abgeben. Darin bedarf es sicher noch einiger Übung."
Einen anderen Umgang mit einem verlorenen Bürgerentscheid zeigte
dagegen der ehemalige Münchner Oberbürgermeister Christian Ude in seiner
kabarettistischen Einlage. Den verlorenen Bürgerentscheid um die
Untertunnelung des Mittleren Ring bezeichnete er als „Schmuckstück
seiner Amtszeit.“
Dennoch ist die Ausgestaltung der Instrumente alles andere als perfekt,
wie in der Gesprächsrunde mit Günther Beckstein (Ministerpräsident
a.D.), Klaus Hahnzog (Bayerischer Verfassungsrichter), Gerald Häfner
(Mitbegründer Mehr Demokratie) und Thomas Mayer (Initiator des
Volksbegehrens „Mehr Demokratie in Bayern“) deutlich wurde. Kommt es zu
einem Bürgerentscheid liegt die Erfolgsquote zwar bei knapp 50 Prozent.
Aber auch Bürgerentscheide, die eine Mehrheit der Stimmen bekommen,
können scheitern. Dies betrifft besonders Städte mit 20.000 bis 50.000
Einwohnern. Hier scheitern mehr als 20 Prozent aller Bürgerentscheide am
Quorum. „Der Gesetzgeber ist dringend aufgefordert diese
Ungleichbehandlung aufzuheben und die Höhe der Quoren anzupassen, oder
bestenfalls ganz abzuschaffen. Mehr Demokratie fordert dies seit
Jahren.“, erläutert Socher.
Doch selbst bei gescheiterten Bürgerbegehren lässt sich feststellen,
dass diese Auswirkungen auf die Politik im Ort haben. Eine Einschätzung,
die Prof. Dr. Bruno Frey in seinem Vortrag zum Zusammenhang von direkter
Demokratie und Glück bestätigte: „Allein die Möglichkeit am politischen
Geschehen teilzunehmen verstärkt die Lebenszufriedenheit der Menschen.
Nicht das Ergebnis ist das Ausschlaggebende, sondern der Prozess.“ In
diesem Sinne zogen alle Beteiligten ein positives Fazit. Wenn auch mit
dem Verweis, dass man noch lange nicht am Ende des Weges angekommen sei.
Nähere Informationen zum Bürgerbegehren in Bayern finden Sie hier:
http://bayern.mehr-demokratie.de/11949.html
Mehr Demokratie – Bayern
Simon Strohmenger
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