[MD Presse] [PM] Bürgerbegehrens-Reform: deutliche Kritik und ein wenig Lob im Innenausschuss

Dirk Schumacher | Mehr Demokratie e.V. dirk.schumacher at mehr-demokratie.de
Do Jun 16 13:01:24 CEST 2016


Mehr Demokratie e.V.
Landesverband Bremen/Niedersachsen

Pressemitteilung 7/2016
Bremen, den 16. Juni 2016

Bürgerbegehrens-Reform: deutliche Kritik und ein wenig Lob im Innenausschuss
Bundesweiter Bürgerbegehrens-Bericht untermauert Forderungen von Mehr Demokratie 

Im Innenausschuss des niedersächsischen Landtages fand heute eine Anhörung zu geplanten Änderungen an der Kommunalverfassung statt. Ein zentrales Thema war die Reform von Bürgerbegehren und Bürgerbegehren. Wie Mehr Demokratie e.V. in seiner Stellungnahme verdeutlicht hat, werde der Reformbedarf auch nach dieser Reform sehr groß bleiben. Untermauert werde dies vom heute in Berlin veröffentlichten bundesweiten Bürgerbegehrens-Bericht. Mehr Demokratie e.V. fordert eine über die Pläne der Landesregierung hinausgehende deutlichere Senkung der Unterschriften- und Abstimmungshürden sowie eine Ausweitung des Themenkataloges für Bürgerbegehren.

In seiner Stellungnahme verweist Mehr Demokratie auf den Widerspruch zwischen rot-grünem Koalitionsvertrag und dem jetzt vorliegenden Gesetzentwurf. Der Koalitionsvertrag hat sowohl eine sehr deutliche Senkung der Hürden versprochen hat wie auch eine Prüfung, den Themenkatalog zu erweitern. Die nun geplante Senkung der Hürden sei zu zaghaft. So führe die geplante Regelung in Kommunen zwischen 100.000 und 200.00 Einwohner nur teilweise zu einer Verbesserung, in einigen Fällen müssten in Zukunft sogar mehr Unterschriften gesammelt werden. Tim Weber, Landesgeschäftsführer von Mehr Demokratie sagt dazu: „Sprache ist interpretierbar, keine Frage, aber ich wundere mich schon, was die Landesregierung unter einer deutlichen Absenkung der Quoren versteht.“ Weber verweist auf die Stadtstaaten sowie sieben Flächenländer, in denen ein niedriges und zum Teil gestaffeltes Unterschriften-Quorum gelte.

Die Senkung des Zustimmungsquorums von 25 auf 20 Prozent bewertet Mehr Demokratie ebenfalls als nicht ausreichend. „Die versprochene sehr deutliche Senkung ist das nicht, der Reformeifer von Rot-Grün ist offenbar erlahmt“, bemängelt Weber die Änderungen. Beim Zustimmungsquorum seien die Regeln in Schleswig-Holstein, Hamburg, Berlin, Thüringen, Bayern, NRW besser als jetzt in Niedersachsen geplant. Obendrein werde die obilgatorische schriftliche Abstimmungsbenachrichtigung gestrichen, mit der sich Niedersachsen zum demokratiepolitischen Außenseiter mache, so Weber.

Gar kein Reformeifer sei bei der Erweiterung des Themenspektrums zu erkennen, so Weber: „Ich vermag die Prüfung der Erweiterung des Themenspektrums nicht zu erkennen. Mir ist nicht klar, was da bisher geprüft wurde.“ Schließlich hätten zehn Bundesländer die Bauleitplanung gänzlich oder teilweise für Bürgerbegehren geöffnet: die Stadtstaaten, Schleswig-Holstein, NRW, Hessen, Thüringen, Sachsen, Bayern, Baden-Württemberg.

Positiv vermerkt Mehr Demokratie die Einführung einer aufschiebenden Wirkung, einer Beratung für Bürgerinitiativen sowie die Streichung des Kostendeckungsvorschlages. In der Summe werden die Reformen nach Einschätzung von Mehr Demokratie zu mehr zulässigen Bürgerbegehren und gültigen Bürgerentscheiden führen, die Gesamtzahl der Verfahren werde sich aber nicht erhöhen. Weber in Richtung des Landtages: „Sie machen im Grunde die politische Aussage: 300 direktdemokratische Verfahren in 20 Jahren, das ist genug. Das werden Sie nicht durchhalten, wir werden uns in drei bis vier Jahren wiedersehen.“

Dass die geringe Zahl niedersächsischer Bürgerbegehren seine Ursache auch in den niedersächsischen Regelungen hat, wird im heute veröffentlichten bundesweiten Bürgerbegehrens-Bericht deutlich. Dieser vermeldet bundesweit 6.958 direktdemokratische Verfahren auf Kommunalebene seit 1956. Davon fanden in Niedersachsen 303 statt, in Bayern 2.272 (40 Prozent aller Verfahren. 2015 wurden 348 Verfahren gestartet, davon 139 in Bayern und nur 17 in Niedersachsen. Bei der Unzulässigkeitsquote landet Niedersachsen mit 43,2 Prozent auf dem drittletzten Platz aller Bundesländer, der Durchschnitt liegt bundesweit bei 28,8 Prozent. Weber kommentiert diese Zahlen so: „Das kommt nicht von ungefähr. Bayern hat ja nicht mehr Verfahren,weil die Bayern streitlustiger sind. Es liegt an den besseren Regelungen.“

Nach dem Zeitplan der Landesregierung soll das reformierte Kommunalverfassungsgesetz zum 1. November 2016 in Kraft treten. Die zweite Lesung im Landtag wird daher voraussichtlich im August oder September stattfinden.

Stellungnahme:
https://bremen-nds.mehr-demokratie.de/nds-stellungnahme2016.html

Bundesweiter Bürgerbegehrens-Bericht:
https://bremen-nds.mehr-demokratie.de/bb-bericht-2016.html

Dirk Schumacher
Pressesprecher

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