[MD Presse] [PM] Niedersachsen ist Schlusslicht – auch mit neuem Gesetz nur bescheidene Transparenz

Dirk Schumacher | Mehr Demokratie e.V. dirk.schumacher at mehr-demokratie.de
Do Mär 2 11:03:26 CET 2017


Mehr Demokratie e.V.
Landesverband Bremen/Niedersachsen

Pressemitteilung 2/2017
Bremen, den 2. März 2017

Niedersachsen ist Schlusslicht – auch mit neuem Gesetz nur bescheidene Transparenz
Erstes bundesweites Transparenzranking veröffentlicht

Niedersachsen ist zusammen mit Bayern, Hessen und Sachsen letzter im heute veröffentlichten ersten bundesweiten Transparenzranking. Das von Mehr Demokratie e.V. und der Open Knowledge Foundation erstellte Ranking untersucht und bewertet die Regelungen für den Informationszugang der Bürgerinnen und Bürger zu öffentlichen Informationen und Daten. Damit kommt zum Ausdruck wie gut die Informationsrechte der Bürgerinnen und Bürger in den Bundesländern geregelt sind. Da Bürgerinnen und Bürger in Niedersachsen keinen gesetzlichen Anspruch auf Informationszugang haben, muss Niedersachsen mit Platz 16 vorlieb nehmen.

Wäre der im Januar von der Landesregierung beschlossene Gesetzentwurf für ein Niedersächsisches Informationszugangsgesetz (NIZG) schon in Kraft, wäre Niedersachsen mit 35 von 100 Punkten auf Platz 10 gelandet. Zum Vergleich: Spitzenreiter Hamburg hat mit 69 Punkten fast die doppelte Punktzahl. „Die 2013 versprochene Transparenz ist noch nicht in Sicht“ bemängelt Tim Weber von Mehr Demokratie die rot-grüne Landesregierung für deren Gesetzentwurf. Weber verweist auf den den Koalitionsvertrag von SPD und Bündnis90/Die Grünen. Dort heißt es: „Die rot-grüne Koalition wird ein Landes-Informationsfreiheitsgesetz beschließen. Sie orientiert sich dabei am Hamburger Transparenzgesetz.“ Dass der Gesetzentwurf sich an Hamburg orientiere, davon könne keine Rede sein.

Besonders wenige Punkte könnte Niedersachsen mit dem NIZG im Bereich der Informationsrechte und der Gebührenfreiheit sammeln. Bei der Gebührenfreiheit erhielte Niedersachsen ähnlich wenige Punkte wie das Saarland, Baden-Württemberg und Thüringen, bei den Informationsrechten stünde es genauso schlecht da wie NRW. „Damit sind die Schwachstellen des Gesetzes identifiziert. Die Landesregierung sollte hier noch kräftig nachbessern“ fordert Weber.

Besonders negativ schlage zu Buche, dass Daten und Informationen nicht proaktiv in einem Informationsregister veröffentlicht werden und damit auch Open Data keine Rolle spiele (Daten werden maschinenlesbar und zur freien Weiterverwendung bereitgestellt). „Wenn Niedersachsen sich an Hamburg orientieren will, ist das Informationsregister Pflicht. Die Veröffentlichung von Informationen und Daten wäre dann Standard und nicht die Ausnahme“ erläutert Tim Weber. Das geplante Gesetz ermögliche die Errichtung eines Registers per Verordnung. Das Informationsregister werde so aber auf den Sankt Nimmerleinstag verschoben.

Wer zukünftig Anfragen nach dem NIZG stellt, müsse mit einem saftigen Gebührenbescheid rechnen. Die Gebühren seien nicht nach oben gedeckelt und auch für abgelehnte Anträge sollten Gebühren kassiert werden können. Auch in Sonderfällen, wenn z.B. ein öffentliches Interesse besteht, ist keine Kostenbefreiung möglich. „Hier wiehert nicht das mutige Niedersachsenroß sondern der Amtsschimmel. Bürgerinnen und Bürger sollen ihre Rechte wohl besser nicht in Anspruch nehmen“ bemängelt Tim Weber die Gebührenerhebung. Er befürchtet, dass die Gebühren vor Anfragen abschrecken.

Darüber hinaus weist das NIZG weitere Mängel auf. So sind Hochschulen, Geheimdienste und öffentlich-rechtlicher Rundfunk gar nicht auskunftspflichtig, der Landtag, Rechnungshof, Sparkassen und Gerichte nur eingeschränkt. Das Gesetz sei so formuliert, dass im Zweifelsfall ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis das Veröffentlichungsinteresse überwiege. Bei der Antragsstellung fehlen z.B. Sanktionen für den Fall, dass Behörden ihrer Auskunftspflicht nicht innerhalb der gesetzten Frist nachkommen. „So können Behörden eine Anfrage einfach aussitzen“ kritisiert Tim Weber. Für den Informationsfreiheitsbeauftragten wünscht sich Weber ein Klagerecht und die Möglichkeit, bei Verstößen gegen das Gesetz Sanktionen zu verhängen.

Spitzenreiter Hamburg hat 69 von hundert möglichen Punkten für sein seit 2012 geltendes Transparenzgesetz erhalten. Auf Platz 2 liegt Schleswig-Holstein, auf Platz 3 Bremen.
Schwerpunkte bei der Bewertung sind die Gestaltung des Informationsrechtes (wie einfach ist es für Bürger ohne Antrag an Informationen zu gelangen) und des Informationszugangs auf Antrag,die Auskunftspflichten der Behörden, der Umfang des Ausnahmenkataloges, die Gebührenfreiheit und sowie die Funktion des Informationsfreiheitsbeauftragten.

Transparenzranking im Internet:
http://www.transparenzranking.de

Presse-Info und Ranking zum Download: 
http://www.mehr-demokratie.de/presse-hintergrund.html

Dirk Schumacher
Pressesprecher

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