[Presseverteiler] PM BuVo Rote Hilfe: Prozessauftakt im Verfahren gegen ATIK AktivistInnen

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Sa Jun 18 10:26:30 CEST 2016


Prozessauftakt im Verfahren gegen ATIK AktivistInnen

VerteidigerInnen fordern Einstellung des Verfahrens

Gestern begann vor dem OLG München der Prozess gegen 10 AktivistInnen 
der Föderation der Arbeiter aus der Türkei in Europa (ATIK). Ihnen wird 
die Mitgliedschaft in der Kommunistischen Partei der 
Türkei/Marxistisch-Leninistisch (TKP/ML) vorgeworfen, weswegen das 
Bundesjustizministerium eine Verfolgungsermächtigung wegen 
„Mitgliedschaft in einer ausländischen terrorisitischen Vereinigung“ 
nach §129b erlassen hatte. Die TKP/ML ist ausser in der Türkei in keinem 
Land verboten oder befindet sich auf den sog. „Terrorlisten“ der USA und 
EU.

Ungeachtet dessen hatte die Bundesanwaltschaft (BAW) bereits seit 2006 
ermittelt. Am 15. April vergangenen Jahres waren die AktivistInnen in 
mehreren EU-Staaten auf Betreiben der BAW festgenommen worden und sitzen 
seitdem in Untersuchungshaft.

Der heutige Prozessbeginn war von Pannen,Verzögerungen und willkürlichen 
Repressalien gekenzeichnet. So wurden mehreren der angeklagten 
GenossInnen in den JVA Fussfesseln angelegt und das Frühstück 
verweigert, wogegen diese sich berechtigterweise wehrten. Auf Druck der 
Verteidigung sagte der Senat schließlich zu, sich für ein sofortiges 
Ende der Repressalien auszusprechen.

Fehlende oder defekte Mikrofone sorgten ebenso für Verzögerungen wie 
mangelhafte Übersetzer der Anklage.

ProzessbesucherInnen waren über den gesamten Tag willkürlichen Maßnahmen 
unterworfen. Personalausweise wurden kopiert und Leibesvisitationen 
durchgeführt. Selbst akkreditierten JouranlistInnen wurde das 
Fotografieren im Gericht verboten. Angereiste RechtsanwältInnen aus der 
Türkei berichteten, dass es solche Maßnahmen selbst unter dem 
regierenden autoritär-militaristischen Regime in Ankara nicht gäbe.

Ungeachtet der vielfältigen Einschränkungen der öffentlichen Teilnahme 
waren die lediglich 100 Plätze im ZuschauerInnenraum des Gerichts dne 
ganzen Tag über voll besetzt. Die Gefangenen wurden mit frenetischem 
Applaus und Parolen für deren Freilassung und gegen das türkische Regime 
empfangen.

Während des laufenden Prozesses wurden aufgrund der Haftbedingungen, der 
verspäteten Übergabe von Gerichtsunterlagen an die angeklagten 
GenossInnen und der erschwerten Kontaktaufnahme der VerteidigerInnen 
Befangenheitsanträge gegen den Vorsitzenden gestellt.

Vor dem Gericht fand unterdessen eine lautstarke Solidaritätskundgebung 
mit über 500 TeilnehmerInnen statt, auf der zahlreiche RednerInnen wie 
die Bundestagsabgeordnete der Partei DIE LINKE, Nicole Gohlke, die 
sofortige Einstellung des Verfahrens forderte.

Es bleibt festzustellen, das der gesamte Prozess lediglich zur 
Unterstützung der Kriegspolitik des türkischen Regimes gegen die eigene 
Bevölkerung dient.

Obwohl das Regime in Ankara nachweislich die Terrorvereinigung des sog. 
„Islamischen Staates“ unterstützt, die Pressefreiheit aufgehoben wurde 
und selbst gewählten ParlamentarierInnen der Demokratischen Partei der 
Völker (HDP) die Immunität aberkannt wurde, soll den angeklagten 
GenossInnen ohne konkrete Vorwürfe der Prozess gemacht werden.

Die Rote Hilfe e.V. unterstützt als Teil der Solidaritätsbewegung die 
Forderung der Verteidigung nach sofortiger Einstellung des Verfahrens 
und ruft alle linken Organisationen zur Solidarität mit den angeklagten 
GenossInnen auf.

H. Lange für den Bundesvorstand der Roten Hilfe e.V.


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