[Presseverteiler] PM Rote Hilfe e.V.: Urteil im Stuttgarter PKK Prozess: Drei Jahre und sechs Monate für kurdischen Politiker Ali Özel
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Do Okt 13 15:56:25 CEST 2016
Urteil im Stuttgarter PKK Prozess
Drei Jahre und sechs Monate für kurdischen Politiker Ali Özel
Am heutigen Donnerstag, 13.10.2016, endete der 129b-Prozess gegen den
kurdischen Aktivisten Ali Özel wie zu erwarten mit einem mehrjährigen
Urteil: das Oberlandesgericht Stuttgart verhängte eine Haftstrafe von 3
Jahren 6 Monaten - obwohl dem angeklagten Genossen keinerlei strafbare
Handlungen zugerechnet werden können.
Ali Özel wird vorgeworfen, als PKK-Gebietsleiter in verschiedenen
Regionen der BRD tätig gewesen zu sein, zuletzt in Stuttgart und am
Bodensee. Zu seinen Aufgaben hätten Spendensammlungen, der Vertrieb und
Verkauf von Informationsmaterialien und Zeitungen, die Organisierung von
Veranstaltungen sowie Treffen mit anderen AktivistInnen gehört. Zu den
im Urteil angeführten "Tatbeständen" zählen beispielsweise mehrere
Durchsagen bei der gemeinschaftlichen Busanreise zu Demonstrationen, die
Auflagen zu berücksichtigen und sich besonnen zu verhalten. Ebenfalls
Erwähnung fanden Özels Bemühungen, für Jugendliche, die bei Kundgebungen
festgenommen worden waren, umgehend einen Rechtsbeistand zu finden.
Selbst sein Beistand für die Angehörigen der in Paris ermordeten
Aktivistin Leyla Saylemez, denen er die Nachricht vom Tod überbrachte
und die er zum Flughafen begleitete, um an der dortigen Trauerfeier
teilzunehmen, wurde ihm zum Vorwurf gemacht.
Es war zu erwarten, dass es zu einer Verurteilung kommen würde. Während
des gesamten Prozesses arbeitete das Gericht auf den Schuldspruch hin
und lehnte ZeugInnen und Anträge der Verteidigung ab.
Rechtsanwalt Martin Heiming erklärte dazu: "In diesen Prozessen steht
die Verurteilung schon im Vorfeld fest, nur das Strafmaß unterscheidet
sich in Nuancen."
Obwohl sich die im Verfahren angeführten Aktivitäten von Ali Özel also
ausschließlich auf alltägliche und völlig legale Vereinstätigkeiten wie
die Organisierung von Kulturveranstaltungen und politischen Kundgebungen
oder Spendensammlungen beschränken, reichen sie zu einer Verurteilung
aus.
Möglich wird diese absurde Rechtssituation durch den
"Antiterrorparagrafen" 129b, der hierzulande hauptsächlich dazu benutzt
wird, unbequeme linke Bewegungen und Organisationen zu kriminalisieren.
Ungeachtet aller Kriegsverbrechen und tausendfachen
Menschenrechtsverletzungen, die der türkische Staat in seinem
derzeitigen blutigen Rachefeldzug gegen jede Art der Opposition begeht,
macht sich die bundesdeutsche Regierung mit der Verfolgung der
türkischen und kurdischen Linken zur willfährigen Vollstreckerin der
diktatorischen AKP-Regierung.
Derzeit sind Dutzende AktivistInnen aus der Türkei in deutschen
Gefängnissen, die in der Regel der Mitgliedschaft in einer
"terroristischen Vereinigung im Ausland" nach §129b beschuldigt werden.
Welche Organisation als terroristisch zu gelten hat, legen dabei die
Bundesregierung und ihre Verbündeten je nach den aktuellen politischen
Konstellationen fest.
Besonders grotesk ist der aktuell in München laufende Prozess gegen 10
türkische ATIK-Mitglieder, die als vermeintliche TKP/ML-AnhängerInnen
verfolgt werden - und das, obwohl die TKP/ML weder in der BRD noch
international auf den so genannten Terrorlisten steht.
Ausschlaggebend für die Inhaftierung der zehn GenossInnen vor knapp
eineinhalb Jahren war offensichtlich der Versuch der Bundesregierung,
den türkischen Diktator durch weitere Zuarbeiten milde zu stimmen.
Gleichzeitig werden flächendeckend insbesondere kurdische Kundgebungen
und Kulturvereine mit Repressalien überzogen, die von
Versammlungsverboten und -auflagen über willkürliche Festnahmen bis hin
zur Verschärfung des Aufenthaltsstatus reichen. Damit versuchen die
deutschen Behörden, die migrantische Linke mundtot zu machen und ein
Klima der Angst zu erzeugen.
Die Rote Hilfe e.V. protestiert gegen die anhaltende Kriminalisierung
der kurdischen und türkischen Linken. Wir fordern die sofortige
Aufhebung des PKK-Verbots sowie die umgehende Abschaffung der Paragrafen
129/a/b.
H. Lange für den Bundesvorstand Rote Hilfe e.V.
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