[MD Presse] Fwd: Corona bremst Bürgerbegehren: Deutlich weniger Verfahren als im Vorjahr
Ina Kuhl | Mehr Demokratie e.V. NRW
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Fr Aug 20 09:21:35 CEST 2021
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Betreff: Corona bremst Bürgerbegehren: Deutlich weniger Verfahren als
im Vorjahr
Datum: Fri, 20 Aug 2021 09:15:00 +0200 (CEST)
Von: Ina Kuhl | Mehr Demokratie e.V. <presse.nrw at mehr-demokratie.de>
An: ina.kuhl at mehr-demokratie.de
Mehr Demokratie e.V.
Landesverband Nordrhein-Westfalen
Pressemitteilung 18/2021
20.8.2021
Corona bremst Bürgerbegehren: Deutlich weniger Verfahren als im Vorjahr
+++ Mehr Demokratie stellt Halbjahresbilanz Bürgerbegehren in NRW vor +++
Die Zahl der Bürgerbegehren im ersten Halbjahr 2021 ist im Vergleich zum
Vorjahr deutlich gesunken. Das geht aus der heute (20.08.) von Mehr
Demokratie veröffentlichten Halbjahresbilanz Bürgerbegehren hervor.
Wurden im vergangenen Jahr noch 24 Verfahren neu eingeleitet, sind es in
diesem Jahr nur 17. Hinzu kommen 12 Bürgerbegehren aus Vorjahren, für
die aktuell noch Unterschriften gesammelt werden. Auch die Anzahl der
Bürgerentscheide ist im Vergleich zum Vorjahr von zwei auf einen
zurückgegangen. „Initiativen gründen, Unterschriften sammeln, Infostände
machen. All das ist durch Corona schwieriger geworden. Wer es mit
politischer Mitbestimmung ernst meint, senkt jetzt die Hürden für
Bürgerbegehren!“, so Achim Wölfel, Leiter des Landesbüros NRW von Mehr
Demokratie. Denkbar sei etwa die Ermöglichung der digitalen
Unterschriftensammlung.
Inhaltlich gesehen zeichnet sich das erste Halbjahr 2021 durch eine
Vielfalt an Themen aus. In Bedburg, Rödinghausen und Werne wurden
Bürgerbegehren gegen die Ausweisung von Gewerbegebieten initiiert. In
Schwerte und Brüggen gab es insgesamt drei Bürgerbegehren für den Erhalt
von Stadtbäumen. In Mettmann setzte sich eine Initiative für den Erhalt
einer Realschule ein. In Mönchengladbach wurde ein neues
Fahrrad-Bürgerbegehren, ein sogenannter Radentscheid eingeleitet.
Insgesamt sechs solcher Radentscheide sind damit aktuell noch offen:
Bochum, Detmold, Kaarst, Mönchengladbach, Paderborn und Rheinbach.
Insgesamt sechs Verfahren wurden im letzten halben Jahr abgeschlossen.
Eine Initiative zum Erhalt der Stadtteil-Bibliotheken in Mülheim an der
Ruhr mündete in einen Kompromiss zwischen Initiative und Stadt. In Bad
Münstereifel endete ein Bürgerentscheid nicht im Sinne des Begehrens.
Vier Bürgerbegehren (zwei in Schwerte und eins in Brüggen, alle drei
jeweils für den Erhalt von Stadtbäumen und eins für den Erhalt einer
Realschule in Mettmann) wurden für unzulässig erklärt. „Leider werden
immer noch zu viele Bürgerbegehren in NRW für unzulässig erklärt“,
bemängelt Wölfel. „Hier muss gesetzlich nachgebessert werden. Klarere
Regeln und weniger Ausschlusskriterien wären ein Anfang.“, so Wölfel
weiter.
Auch in diesem Jahr hat die Kostenschätzung, die für ein Bürgerbegehren
vorgeschrieben ist, wieder für Probleme gesorgt. So wurde ein
Bürgerbegehren in Mettmann mit der Begründung für unzulässig erklärt,
dass es die Kostenschätzung nicht ausreichend abgebildet habe. In Bochum
musste der Radentscheid seine Unterschriftensammlung erneut starten. Die
Kostenschätzung der Stadt konnte wegen ihres Umfangs von vier Seiten
nicht komplett auf der Unterschriftenliste dargestellt werden.
Initiative und Stadtverwaltung fanden schließlich gemeinsam eine Lösung.
In Essen war erst ein Urteil des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen
nötig, damit die Stadtverwaltung eine Kostenschätzung erstellte. „Diese
Fülle an Beispielen allein aus der ersten Hälfte des Jahres zeigt, dass
die Pflicht zur Kostenschätzung abgeschafft werden sollte“, so Wölfel
weiter. Die Debatte über die Kosten eines Bürgerbegehrens gehöre in die
öffentliche Diskussion, nicht auf die Unterschriftenliste.
Dass die Regelungen für die direkte Demokratie verbessert werden müssen,
stellte auch die Enquete-Kommission „Subsidiarität und Partizipation“
des Landtags in ihrem kürzlich veröffentlichten Abschlussbericht fest.
Zur Stärkung der direkten Demokratie auf kommunaler Ebene sieht die
Kommission eine zentrale Beratungsstelle für Bürgerbegehren vor, eine
Prüfung der Ausschlusskriterien sowie eine automatische Zustellung von
Abstimmungsinformationen.
Seit der Einführung von Bürgerbegehren in NRW im Jahr 1994 gab es bis
Juni 2021 insgesamt 904 Verfahren. Diese unterteilen sich in 873
Bürgerbegehren und 31 Ratsbürgerentscheide. Insgesamt fanden 270
Bürgerentscheide statt: 241 wurden von den Bürgern selbst initiiert, 29
vom Gemeinderat (Ratsbürgerentscheid). Ein weiterer Ratsbürgerentscheid
wurde zurückgezogen und einer gelangt voraussichtlich im 2. Halbjahr
2021 zur Abstimmung. 295 der 873 Bürgerbegehren wurden für unzulässig
erklärt, was einem Anteil von rund 34 Prozent entspricht.
Stichtag der Analyse war der 30. Juni 2021. Nicht berücksichtigt wurden
Bürgerbegehren, die nur angekündigt oder öffentlich diskutiert wurden.
Weiterführende Informationen:
1. Demokratie-Aufbruch in NRW? Enquete-Kommission stellt Ergebnisse vor:
https://nrw.mehr-demokratie.de/presse/presse-einzelansicht/demokratie-aufbruch-in-nrw-enquete-kommission-stellt-ergebnisse-vor/
2. Gericht bestätigt: Verwaltung muss Kostenschätzung für Bürgerbegehren
in Essen abgeben:
https://nrw.mehr-demokratie.de/presse/presse-einzelansicht/gericht-bestaetigt-verwaltung-muss-kostenschaetzung-fuer-buergerbegehren-in-essen-abgeben/
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Ina Kuhl
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